Die Rettung aus der Gosse

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Zur Übersicht für die geneigte Leserin und den geneigten Leser — es gibt ja deren einige, denen meine Geschichten gefallen — hier eine chronologische Übersicht meiner bisherigen Geschichten:

[Der Unterschied]

[Die Grundbegriffe]

Das Obligatorische

[Über einen starken Typ]

[Ferienspaß I]

EIS Werbung

PennälerInnenfeten

Lernen fürs Abitur

[Ferienspaß II]

Erstes Eheleben

Auf Schlingerkurs in den Hafen (mit Ferienspaß III)

Der weltberühmte Pianist hat heute nicht seinen besten Tag

Auf der Durchreise

Der Wanderclub

Die Ernennung

[Hinter unverschlossenen Türen]

Vetternwirtschaft

Vom anderen Ufer

An der Ostsee hellem Strande …

Wenn der Herr außer Haus ist, tanzt das Mäuslein im Bette

Die Rettung aus der Gosse

Die mit [] markierten Texte sind nicht in ### zu finden, denn sie handeln von Jugenderlebnissen, bei denen einige der handelnden Personen noch keine achtzehn Jahre alt sind, oder sie sind kürzer als 750 Wörter.

Wer auch diese Texte lesen möchte, melde ich bei mir, möglichst per E-Mail.

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Es war ein Jahr vor meiner Scheidung, daß das für Altphilologen immer wieder wichtigste wissenschaftliche Ereignis, die alle drei oder vier Jahre stattfindende internationale Tagung, in Patras, also in Griechenland abgehalten wurde. Die Tagung fiel in die Sommerferien, wegen Urlaubs war die Teilnahme also kein Problem, aber da ich keinen Vortrag angemeldet hatte — den hätte ich auf Englisch halten müssen, wo ich nicht so sonderlich fit bin –, mußte ich alles selbst bezahlen, und so gönnte ich mir die Teilnahme als Sommerurlaub.

Otto war nicht sonderlich erbaut von der zweiwöchigen Pause — aber mir mutete er eine vierwöchige Pause zu, wenn er im Herbst mit seiner Eheliebsten nach Italien in Urlaub würde fahren wollen!

Ich fand einen günstigen Charterflug nach Athen, dann kam der mit Abstand abenteuerlichste Teil der Anfahrt: die Taxifahrt zum Bahnhof der Schmalspurbahn nach Patras: mit 70 km/h durch engste Gassen, ohne zu bremsen zwischen den Lastwagen durch, ein Millimeter rechts, ein halber Millimeter links und durch.

Aber die Statistik sagt ja, daß sich in Griechenland weniger Unfälle ereignen als zum Beispiel in Deutschland mit seinen ach so disziplinierten Autofahrern.

Die Fahrt mit der Kleinbahn war dann eine schöne Einstimmung in den Urlaub: auf hoher Brücke über den Korinth-Kanal und dann stundenlang am Golf von Korinth entlang, zusammen mit „Eingeborenen“: Popen, Schülern, Bauern mit Hühnern in Käfigen, …

Der Bummelzug hielt nach langer Fahrt, aber auf die Minute pünktlich an der Endstation in Patras am Hafen.

Ich suchte und fand sofort ein Taxi, das mich zu dem kleinen Hotel bringen sollte, in dem ich ein Einzelzimmer gebucht hatte. Der Taxifahrer erwies sich als so freundlich, wie es ihrem Ruf im Touristenparadies Griechenland entspricht: Als ich ihm das Hotel genannt hatte, nickte er nur mit dem Kopf (in Griechenland sind Kopfnicken und -schütteln umgekehrt!) und zeigte mir das Hotel, das an der Hafenfront in etwa 100 m Entfernung stand. Er ließ nicht einmal den Motor an, sondern ergriff meinen Koffer, trug ihn mir zum Hotel und verabschiedete sich mit tiefer Verbeugung und gezogener Mütze.

Er nahm noch nicht einmal ein Trinkgeld an!

Nun bin ich zwar Studienrätin auch für Altgriechisch, aber das Neugriechische hat sich nach mehreren Sprachreformen, die es immer mehr der tatsächlich gesprochenen Sprache angeglichen haben, so verändert, daß auch ich große Mühe habe, Griechen zu verstehen. Also radebrach ich an der Rezeption herum, zeigte meinen Paß und fragte nach dem bestellten Zimmer. Der Herr an der Rezeption sah mich verwundert an und gab mir in gutem Deutsch höflich zu verstehen, daß alles besetzt sei.

Er sah noch die Liste der Reservierungen durch, aber mein Name stand nicht darauf. Wir suchten auf alle Fälle auch noch unter meinem Mädchennamen — man weiß ja nie, was die im Reisebüro aus dem Paß falsch abschreiben –, aber auch unter H wurden wir nicht fündig.

„Besetzt“ heißt in Griechenland wirklich „besetzt“ und nicht „Schieben Sie mal einen Hundertmarkschein unter der Theke durch!“

„Ich rufe mal im Hotel ,Ares` hier in der Nachbarschaft an, da ist sicher noch was frei.

„Aber dazu habe ich keine Zeit mehr. Ich muß in einer Stunde bei der Eröffnung des Kongresses sein. „

„Dann lassen Sie Ihren Koffer solange hier, und während Sie auf dem Kongress sind, telephoniere ich mit ,Ares`. „

„Und wo kann ich mich umziehen?“

„Das habe ich vergessen! Sie können sich hier im Büro umziehen. Ich passe auf, daß so lange keiner da hineingeht.

Damit führte er mich in das kleine Büro hinter der Rezeption, von wo ich auch Zugang zu den Waschräumen und Toiletten des Personals hatte, und schloß hinter mir die Tür. In der Tat verstand ich, während ich mich umzog, wie er einem Kollegen, der wohl ins Büro oder auf die Toilette wollte, sagte:

„Da kannst du jetzt nicht rein. Da zieht sich eine Dame aus Deutschland um.

Sie sagt, sie hätte hier reserviert. Hast du schon den Namen Knaack gehört?“

Nein, das hatte der andere leider auch nicht.

Als ich wieder herauskam: keine anmacherischen Komplimente, aber die höfliche Frage, ob man mir ein Taxi kommen lassen solle. Ich winkte erst einmal ab, da ich hoffte, daß mein Freund noch auf dem Platz stünde, und richtig, als ich aus der Tür trat, sah ich ihn in einiger Entfernung stehen.

Ich winkte ihn, er erkannte mich wieder, und im Nu kam er bei dem Hotel vorgefahren. Ich wollte die rechte hintere Tür öffnen, aber nein: Mein Freund stieg aus, lief um das Auto, nahm die Mütze ab, hielt mir die Tür auf und ließ mich einsteigen — ohne den Typ meiner Kniescheiben zu begutachten. Als er wieder hinter dem Lenkrad saß, fragte er nur kurz „Zum Kongreßzentrum, nicht wahr, gnädige Frau?“ und fuhr schon los.

Die Fahrt war kurz, und während ich noch in meinem Portemonnaie nach dem Geldbetrag suchte, den das Taxameter anzeigte, plus Trinkgeld, stand der Gute schon mit gezückter Mütze neben mir und hielt mir die Tür auf. Er wollte das Fahrgeld nicht annehmen! Meinte er, nach der ersten Begegnung mit dem Koffertragen sei ich sein Gast, und es gebiete die Gastfreundschaft, auch für andere Dienstleistungen nichts anzunehmen? Nach langem Zureden nahm er mein Geld dann doch, ließ sich aber nicht davon abhalten, mir den Rest zurückzugeben.

Diese Prozedur dauerte einige Zeit, und es war inzwischen knapp bis zur Eröffnung. Ich betrat das Gebäude und ging durch die Halle in den großen Sitzungssaal. Ich erkannte kein einziges bekanntes Gesicht, beobachtete aber die Männer mit ihrer typischen Blickfolge: Busen–Beine oder Beine–Busen; wie immer war ich meistens schon vorbei, wenn sie beim dritten Punkt, dem Gesicht, angelangt waren. Im Saal sah ich auch keinen Bekannten, und so setzte ich mich auf einen nicht reservierten Platz in der ersten Reihe, von wo man besser hören kann als hinten in der Menge.

Ich mußte noch einige Zeit warten, denn die Eröffnung begann natürlich doch ziemlich verspätet. Dann folgte die übliche Folge der Reden und Ansprachen: ein Vertreter des griechischen Regierung, ein Vertreter des Nomos (des Kreises), der Oberbürgermeister von Patras, der Vorsitzende des Welt-Altphilologenverbandes, der Vorsitzende des griechischen Altphilologenverbandes, der Vorsitzende des deutschen Altphilologenverbandes, der viel zur Finanzierung des Kongresses beigetragen hatte, eine Gedenkrede auf einen im letzten Jahr verstorbenen früheren Vorsitzenden des Welt-Altphilologenverbandes — es nahm und nahm kein Ende.

Zusammengenommen ergaben die Reden eine wohl vollständige Geschichte des Weltverbandes seit seiner Gründung vor über 100 Jahren. Endlich schritt man zum Büfett.

Bevor ich in den anschließend liegenden Saal mit den sich unter den Speisen biegenden Tischen ging, konnte ich noch schnell ins Tagungsbüro gehen, bevor sich dort eine lange Schlange bildete. Ich bekam mein Schildchen und die Tagungsunterlagen und meldete auch gleich mein Pech mit der Hotelreservierung. Man wollte sich darum kümmern.

Aber wie? Als ich hier fertig war, hatte sich schon eine Schlange von mindestens dreißig Personen gebildet.

Aber die Damen im Tagungsbüro arbeiteten zügig, und recht bald füllte sich der Büfett-Saal; gut, daß ich mir schon die ersten Herrlichkeiten auf den Teller gefüllt hatte, jetzt war auch an den beiden Büfett-Tischen eine ziemliche Schlange.

Ich sah mich, meinen Teller balancierend, um — kein bekanntes Gesicht, wo waren alle die Kollegen, zum Beispiel auch die Kollegen aus anderen Städten, die ich vom Studium kannte? — ich hörte mich um — überall „nur“ englisch, französisch, polnisch, wieder englisch, amerikanisch-englisch — dänisch: das war schon aus der engeren Heimat, aber die beiden Herren, die so sprachen, sahen mir nicht sympathisch aus — da wurde ich von der Seite angesprochen:

„Entschuldigen Sie, Sie sind doch Deutsche!“

Ich drehte mich zu dem Herrn herum: ein kleiner, etwas rundlicher Herr mit starker Minus-Brille und einem freundlichen Gesichtsausdruck.

„Kroll, Siegfried Kroll“, stellte er sich vor, „und sie sind –„, er mußte sich zu meinem Busen herabbeugen — „die hätten die Schilder aber auch mit einer größeren Schrift machen können — entschuldigen Sie noch mal — Frau — Knaack!“

„Knaack, Melanie Knaack“, sagte ich fast gleichzeitig, worauf er lachend sagte: „Dann hab ich's ja richtig entziffert! Und wo kommen Sie her?“

„Ich bin Studienrätin in Hamburg.

„Und ich ebensolcher in Marburg. — Darf ich fragen, wo Sie studiert haben. „

„Nur in Hamburg. „

„Ich in Marburg und Frankfurt. — Und wann haben Sie absolviert?“

„1983. „

„Ich schon 1972. Dann sind wir uns auch beim Studium nicht über den Weg gelaufen. Aber waren Sie nicht vor zwei Jahren auf der Tagung in Erlangen? Ich glaube, ich erinnere mich, ich hab Sie da gesehen.

„Ich war da. Aber ich kann mich, ehrlich gesagt, an Sie nicht erinnern. „

„Ich mußte auch nach einem Tag wieder abreisen. Meinem Vater ging es plötzlich sehr schlecht. „

„Das ist ja traurig. Und wie geht es ihm jetzt?“

„Er hat sich wieder gerappelt und ist munter wie in alten Tagen. Meine Mutter lebt auch noch und ist kerngesund. „

„Wie schön für die beiden.

„Ja, wirklich! — Deutsche Beamten!“, begann er zu lästern, das machte ihn mir gleich noch sympathischer, „wenn der Kongreß nicht in die Ferien fallen würde, –„

„fiele“, korrigierte ich ihn lachend.

„Sie haben ganz recht, Frau Kollegin! Fiele der Kongreß nicht in die Ferien, dann wäre hier die halbe deutsche Lehrerschaft. — Ich muß das meinen Schülern auch immer korrigieren. „

„Geben Sie auch Deutsch?“

„Nein, aber bei den Übersetzungen aus dem Griechischen und Englischen.

„Dem Englischen?“

„Ja, meine Fächer sind Englisch und Griechisch. Man weiß doch nie bei den Eseln in der Kulturpolitik, wann sie den Griechischunterricht ganz zumachen. „

„Dann ist es ja gut, daß ich außer Griechisch auch Deutsch und Lateinisch hab. „

„Genau, Frau Kollegin! — Haben Sie hier ein Referat angemeldet?“

„Nein, da war ich zu faul zu –„

„Dazu war ich zu faul!“ korrigierte mich jetzt Herr Kroll lachend seinerseits.

„Ja, aber so sagt man im Norden, und nach Meillet ist das ur-indoeuropäisch, und das mögen die deutschen Philologen sonst ja so gern. Wie im englischen `to take off‘ — und bei Homer –„

„Sie haben ja recht, aber die linguistischen Vorträge sind erst nächste Woche!“

„Sie haben ja auch recht, Herr Kroll“, sagte ich lachend, „sagen Sie, worüber werden Sie sprechen?“

„Übermorgen werde ich vorschlagen, den Kanon der in der Schule gelesenen Schriftsteller zu ändern.

Vielleicht weniger Thukydides, aber in jedem Fall auch die Komödie. Lysistrate als pazifistisches Stück und mit den herrlichen Homer-Parodien muß rein, vielleicht gekürzt. „

„Ohne die vorgeschnallten Phalli. „

„Vielleicht ohne die vorgeschnallten Phalli, aber unsere Jungs und Mädchen in den Abiturklassen wissen doch alle, was das ist!“

„Und wofür man sie gebraucht. „

„So weit habe ich gar nicht gewagt zu denken in Gegenwart einer Dame! — Darf ich fragen, wo Sie wohnen.

Ich kann Sie nachher zu Ihrem Hotel bringen, ich bin mit dem Auto hier. „

„Das ist ein Problem, meine Hotelreservierung hat nämlich nicht geklappt. Ich muß nachher noch ein Hotel suchen. „

„Sie Ärmste! Darf ich Ihnen dabei helfen, damit sie nicht immer ein Taxi rufen müssen. — Und — ich wage es kaum anzusprechen — wenn alle Stricke reißen, können Sie in meinem Wohnmobil schlafen –„

„???“

„Ja, das Angebot geht vielleicht zu weit, aber ich habe zwei getrennte Betten — so weit getrennt, wie der enge Platz es zuläßt — vier Meter, schätze ich.

„Danke für das Angebot, mich rumzufahren. Weiter werden wir dann ja sehen. Es müssen doch noch Betten frei sein. Es ist doch kein Ärztekongreß!“

Inzwischen hatte sich das Publikum im Büfett-Saal versammelt, und wir gingen umher, um nach Bekannten Ausschau zu halten. Wir unterhielten uns kurz mit einem Kollegen aus England, den Herr Kroll kannte, fanden aber sonst keine bekannte Menschenseele.

„Ich denke, es wäregut, wir beginnen mit der Hotelsuche“, sagte Herr Kroll.

„Ich denke auch“, antwortete ich.

Während wir zum Wohnmobil gingen, sagte Herr Kroll:

„Das ist doch eine Bande, unsere Kollegen, kein Schwein hier — die liegen sicher hier alle in der Nähe in der Sonne und lassen uns die Fahne der deutschen Wissenschaft hochhalten!“

Wir fuhren in Herrn Krolls dieselknatterndem Gefährt zu meinem ersten Hotel. Mir wurde freundlich der Koffer ausgehändigt, aber auch im „Ares“ sei alles besetzt.

„Fahren Sie doch bitte zur Fremdenpolizei, die müssen Ihnen etwas nachweisen. „

Also zur Fremdenpoliziei. Der Beamte ist höflich, aber extrem korrekt und zugeknöpft. Er läßt sich meinen Paß geben und sucht in der Gesamtliste der Anmeldungen, die ihm vorliegt, unter „Knaack“ und ohne weitere Aufforderung auch unter „Heilburg“. Nichts! Seine Bemerkung: „Ich kann mir das nicht erklären“, hilft mir auch nicht weiter. Ich bekomme die Adressen von drei weiteren Hotels.

Das erste liegt um die Ecke und ist auch besetzt.

Das zweite liegt im gegenüberliegenden Teil der Stadt, aber noch in erträglicher Entfernung vom Kongreßzentrum.

„Hoffentlich ist das kein Puff!“, sagte Herr Kroll.

„Puff?“

„Ja! Kann ich Ihnen das erzählen? Ich glaube, ich kann! Also: Ich war mal auf einer Tagung in Coimbra in Portugal, da hatten sie auch die allerletzten Betten für die Gäste hergerichtet.

Mein Hotel war früher einmal ein Hotel, aber jetzt ein Puff. Die Zimmer im zweiten und dritten Stock waren für die Zeit des Kongresses wieder als Hotelzimmer hergerichtet. Im Erdgeschoß und ersten Stock lief der Betrieb weiter. Wenn man an der Rezeption war, schlichen sich immer nicht gesehen werden wollende Herren vorbei, und das Tag und Nacht, die arbeiteten Non-Stop. Die Männer fanden das ja interessant, und einige haben wohl auch den Service in Anspruch genommen, aber die Damen schenierten sich oder tauschten mit Kollegen die Zimmer in anderen Hotels.

Damit waren wir bei dem zweiten Hotel angekommen: ein heruntergekommener Schuppen. Der Mann an der Rezeption schlief und war schon sehr hinüber, und als wir ihn endlich aufgeweckt hatten, lallte er, daß alles besetzt sei, „auch die — Ba — wanne“, und schlief weiter.

„Das dritte Hotel –„, sagte Herr Kroll, als wir wieder draußen waren, „– ich kenne den Ort, das ist in einem Dorf 10 Kilometer außerhalb, da müssen Sie immer mit Taxi oder Bus oder Bahn fahren.

Ich rate Ihnen ehrlich: kommen Sie ins Wohnmobil. „

„Aber wir sind doch beide verheiratet!“

„Aber wir sind doch auch erwachsene Menschen! Ich tue Ihnen bestimmt nichts. „

„Aber vielleicht bin ich eine Hexe und tue Ihnen was. „

„Kommt drauf an, was Sie mir tun! — Aber mal ernsthaft: Sie können da hinten auf der großen Liege schlafen, und ich nehme das Bett hier über der Vorderbank.

„Das ist doch nur dreißig Zentimeter hoch! Das kann ich nicht annehmen! Ich schlafe hier oben!“

„Sie haben sich verschätzt, meine Guteste, es sind fast fünfzig Zentimeter! Keine Widerrede! — Und: Ich schlage vor, wir gehen auf den Campingplatz. Ich allein hätte meine Kiste ja auf den schönen Platz bei der großen Kirche gestellt, aber wenn wir zu zweit sind, ist es doch besser: Da haben wir Klos und Duschen.

„Aber kommen wir da noch rein?“

„Wir sind doch nicht in Deutschland, wo die Campingplätze nach zehn Uhr abends niemand mehr reinlassen. Ich bin sicher, wir können beliebig spät kommen. — Ich kenne den Weg zu dem Campingplatz, und in der Nähe ist ein gemütliches Weinlokal. Wollen wir noch ein Glas Wein trinken?“

„Aber es ist doch schon sehr spät!“

„Erst halb elf — ach nee, hier muß man ja die Uhren vorstellen: halb zwölf, aber für ein Glas Wein ist doch noch Zeit!“

„Okay! Sie haben gewonnen!“

Patras ist ja nicht allzu groß, und in wenigen Minuten hatten wir das Weinlokal erreicht.

Es war zu dieser späten Zeit schon fast leer, und Herr Kroll führte mich zu einer Weinlaube im Garten, die er schon kannte. Er bestellte einen halben Liter offenen Retsina und:

„Frau Knaack, ich hätte noch Hunger. Die machen hier einen ausgezeichneten Lammbraten. „

„Wenn es unbedingt sein muß. Wir hätten uns ja an dem Büfett vollfressen sollen. „

„Da war es uns ja beiden ungemütlich, und das Hotelproblem hat Ihnen — mir auch — sicher auf den Appetit geschlagen.

— Herr Ober, können Sie jetzt noch Ihren Lammbraten servieren?“

„Natürlich, mein Herr!

„Für mich bitte eine kleine Portion“, bestellte ich.

„Für mich eine mittelgroße“, sagte Herr Kroll.

Wir unterhielten uns über alle mögliche Dinge, über unsere berufliche Tätigkeit, auch über unseren Familienstand: Wir waren beide verheiratet. Herr Kroll holte auch das Manuskript seines Vortrages hervor und gab es mir zu lesen.

Ich überflog es und sagte:

„Sehr interessant, Herr Kroll: weniger Thukydides, mehr Aristophanes. Aber man sollte für Thukydides den Lehrplanmachern auch andere Historiker anbieten: etwas mehr Herodotos –„

„Klar!“

„– und ich hab eine ganz verrückte Idee –„

„Und die wäre?“

„Josephus Flavius mit seiner Geschichte der Juden. „

„Wunderbar, Frau Kollegin, daß ich darauf nicht gekommen bin! Darf ich vorschlagen: Ich kürze meinen Text etwas, und Sie sprechen anschließend ein paar Minuten über Josephus Flavius.

„Meinen Sie? Das müßte aber auf Englisch sein. „

„Es brauchen ja nur ein paar Sätze zu sein. Schreiben Sie die morgen nachmittag nach den Vorträgen, und ich übersetze sie Ihnen dann ins Englische. Dann brauchen Sie Ihren Beitrag nur noch abzulesen. „

„Danke, so werden wir's machen!“

„Und morgen früh gehen wir gleich ins Sekretariat und melden Sie als Koautorin an.

„Das ist doch gar nicht nötig. „

„Doch, und das lassen wir uns schriftlich geben: Dann bekommen Sie vielleicht zu Hause von der Behörde doch noch einen Reisekostenzuschuß. „

„Sie denken auch an alles!“

„Muß man doch! — Ja, der deutsche Beamte ist hinter dem Geld her wie der Teufel hinter der armen Seele. „

Wir vermieden aber alle heikle Themen, denn wir spürten wohl beide: Es begann zu knistern — zumal wir ja auch schon delikate Themen angesprochen hatten wie Puffs und vorgeschnallte Penisse.

Es kam unser Lammbraten, und ich habe wirklich nicht vorher und nicht nachher so leckeres scharf gebratenes Schaffleisch gegessen als in diesem einfachen griechischen Gartenlokal. Die Teller und die Portionen waren recht klein, die Preise aber auch, und nachdem wir unseren Retsina ausgetrunken hatten und Herr Kroll diesen Tisch unter der Weinlaube für den folgenden späten Nachmittag für uns reserviert hatte, fuhren wir noch das kurze Stück zum Campingplatz. Natürlich war er noch geöffnet, der Mann an der Rezeption auch hier leicht angetrunken und mit offenem Hemd, das seinen mächtigen Bauch zeigte, am Tisch dösend, aber als er uns mit dem deutschen Auto kommen sah, setzte er seine Dienstmütze auf, knöpfte zwei Knöpfe seines Hemdes zu, machte die Aufnahmeformalitäten und lotste uns, mit einer Taschenlampe bewaffnet, zu einem freien Platz für unser Wohnmobil.

Er schätze uns sogleich richtig ein und fragte:

„Oder wollen Sie lieber in diesen anderen Teil, da stehen zwei Wohnmobile aus Holland, deren Insassen sind auch bei dem Kongreß. „

Herr Kroll war zunächst einverstanden, dorthin zu fahren, ich konnte ihn aber gerade noch bremsen.

„Warum wollten Sie denn nicht in jenen Teil zu den Holländern?“, fragte Herr Kroll, als der Campingplatzwärter uns allein gelassen hatte.

„Wegen der Diskretion! Es muß sich unter den Kollegen — wer weiß, wer doch noch beim Kongreß ist — es muß sich doch nicht herumsprechen, daß wir hier zusammen — im Wohnmobil sind, aus welchen Gründen auch immer. „

Ich hatte mir gerade noch den Ausdruck „zusammen schlafen“ verkneifen können.

„Jetzt denken Sie aber an alles! — Ich bocke jetzt das Wohnmobil auf, damit die Reifen nicht dauerbelastet werden“, belehrte mich Herr Kroll in Campinggebräuchen, „Sie können sich dabei gern solange innen umziehen.

„Ist es nicht besser, ich bleib solange draußen, dann haben Sie weniger hochzukurbeln. „

„Sie sind ja nicht so schwer, aber etwas leichter wäre es schon. „

So kurbelte Herr Kroll an den vier Ecken und mußte so lange probieren, bis der Wagen absolut waagerecht stand. Dann holte er irgendwoher ein zwanzig Meter langes ausrollbares Kabel hervor, verschwand damit in der Dunkelheit, kam nach einigen Minuten wieder und klärte mich auf:

„Damit wir den Saft nicht aus der Autobatterie ziehen.

Daraufhin fischte sich Herr Kroll eine Badehose aus seinem Gepäck und verschwand in Richtung Duschräume. Ich zog mich im Wohnmobil aus, einen Bikini an und verschwand zu den Frauen.

Wir kamen ungefähr gleichzeitig zurück, und jetzt folgte die Prozedur des dezenten Anziehens des Pyjamas. Herr Kroll machte es mir vor: Pyjamajacke an und zugeknöpft — sie mußte lang genug sein und war es auch — Badehode aus — Pyjamahose an — fertig.

„Ich leg mich schon mal in meine Kombüse und seh nicht zu, wie Sie sich umziehen. Aber Sie können es ja genauso machen. „

Damit kletterte Herr Kroll mit Hilfe einer kleinen Leiter, die er irgendwo aus den vielen Abseiten hervorgezaubert hatte, in seine Schlafkoje, sagte schon im Halbschlaf: „Gute Nacht, Frau Knaack!“, und man hörte ihn nach weniger als einer Minute schnarchen. Er war ja auch erst heute, wie er sagte, mit der Fähre von Italien herübergekommen.

Ich zog schnell und ohne auf etwaige Blicke zu achten meinen Bikini aus und den Pyjama an, machte das Licht aus, legte mich hin und bin wohl auch sofort eingeschlafen nach diesem aufregenden Tag.

Irgendwann in der Nacht wachte ich von einem dumpfen Schlag auf. Als ich ganz wach geworden war, erkannte ich den Grund: Herr Kroll hatte sich wohl im Schlaf bewegt und war mit dem Kopf an die niedrige Wagendecke gestoßen.

Er rieb sich lachend die entstehende Beule; zum Glück war mit seiner starken Brille nichts geschehen, die er aufgelassen oder, müde wie er war, vergessen hatte abzunehmen.

Ich sagte:

„Das geht doch nicht, Herr Kroll, Ihre Beule wie Ihre Beule, aber es ist doch nicht auszudenken, wenn Ihre Brille zerbricht. Kommen Sie doch hierher neben mich, das Bett ist breit genug, und wir sind doch, wie Sie so richtig sagten, erwachsene Menschen!“

„Ja, es ist wohl doch besser!“, sagte Herr Kroll noch im Halbschlaf, raffte sein Kopfkissen und seine leichte Decke zusammen, kletterte die Leiter herunter und legte sich auf das Bett neben mich, ganz dicht an die Kante.

„Nun rutschen Sie schon etwas näher, Sie fliegen ja bei der nächsten Bewegung auf den Boden!“

Als wir diese schwierige Prozedur hinter uns hatten, sagte ich zu Herrn Kroll:

„Wir liegen ja nicht zusammen im Rinnstein, aber nebeneinander im Bett, wie sind also Kameraden, und Kameraden duzen sich für gewöhnlich. Also, ich bin die Melanie. „

„Ich bin der Siegfried, genannt Siggi, angenehm.

Und wo ist das Schwert, Brünhilde?“

„Unsere Müdigkeit! Morgen ist ein anstrengender Tagungtag, du sagst, du hast einen Vortrag –„

„Erst übermorgen –„

„Ach ja, richtig! Und zum Anstoßen aufs Du und zum Näher-Kennenlernen wird auch noch Gelegenheit sein. „

„Denk bitte nicht, daß ich dich deshalb aufgelesen hab!“

„Nein, Siggi, natürlich nur, damit wir uns fachlich austauschen. Fangen wir gleich an.

Hast du mal die Hetärengespräche von Lukianos gelesen?“

„Du hast schon eine Art, einen scharf zu machen. Aber ich lese aus der Ars amatoria in der letzten Klasse in der letzten Stunde vor den Ferien. „

„Du wirst lachen: ich auch. „

„Na, dann schlaf schön!“

„Du auch!“

Und gab ihm frecherweise einen Kuß; im Dunkeln traf ich Siggis Nasenspitze.

„Und nochmal tausend Dank für die Übernachtungsmöglichkeit!“

Am Morgen wachte ich trotz vergessenem Wecker rechtzeitig auf. Ich weckte Siegfried neben mir:

„Aufstehen, Siggi, es ist schon halb acht!“

„Guten Morgen, Frau Knaack“, antwortete Siggi verschlafen.

„Siggi, wir haben uns doch letzte Nacht geduzt — aber noch nicht angestoßen. „

„Ach ja, richtig! — Wie hast du geschlafen?“

„Prima! — So, nun hops mal raus, dann brauch ich nicht über dich rüberzusteigen.

„Ich weiß nicht — ob das geht — ich hab nämlich –„

„Was hast du?“

„Vielleicht bist du schockiert –„

„Ach, du hast eine Morgenlatte! Das macht doch nichts, das kommt immer mal vor, hab ich schon mal gesehen. Von mir aus kannst du gern aufstehen! Vielleicht bin auch ich schuld und hab im Schlaf irgendwohin gefaßt. „

Siggi rappelte sich aus dem Bett mit seiner großen spitzen Nase in der Pyjamahose.

„Du bist auch eine –, aber wie komme ich zu den Duschen?“

„Das weiß ich nun auch nicht, ob das unter euch Campern so was Schlimmes ist. Geh auf das kleine Klo hier im Wagen oder, wenn du es noch aushältst, mach erst das Frühstück und geh dann! Ich geh schon mal zum Duschen!“ — nahm meinen Bikini, mit dem ich zurückkommen wollte und ging zu den Waschräumen.

Ich ließ mir ziemlich viel Zeit, und als ich zurückkam, hatte Siegfried schon das Wageninnere zu einem Tisch mit Bänken umgebaut, der Frühstückstisch war noch nicht fertig gedeckt, aber eine Kaffeemaschine gurgelte schon vor sich hin, und auf einer der Gasflammen kochten zwei Eier. Siegfried selbst war schon verschwunden.

Ich zog schnell meinen Bikini aus und einen Slip an und suchte aus meinem Koffer die weiße Bluse und den weißen Rock heraus, den ich heute anziehen wollte.

Da klopfte es an der Tür und Siegfried fragte:

„Kann ich reinkommen?“

„Natürlich darfst du!“ und machte Siegfried die Tür auf.

Als er mich noch so barbusig sah, zuckte er zurück und sagte:

„Entschuldige, Melanie, das hab ich nicht gewußt, daß du noch nicht fertig bist, Ich warte dann erstmal draußen. „

„Nun komm schon, Siggi, wir sind doch — aber ich wiederhole mich.

Wir haben auch nicht mehr viel Zeit. Oder soll ich rausgehen, wenn du dich anziehst?“

„So?“

„Nein, nicht so! Ich bin gleich fertig, aber zieh dich doch hier an. Ich hab sogar auch schon nicht angeschnallte Phalli gesehen!“

Beim Anziehen und Tischdecken in dem engen Raum hatten wir natürlich häufigen unbeabsichtigten Körperkontakt. Nach dem vierten „Entschuldige“ von Siegfried streckte ich den Po extra heraus, und als Siegfried wieder mit ihm kollidierte, sagte:

„Jetzt entschuldige ich mich einmal und du bitte nicht wieder! Was sollen wir mit unseren Pos und Bäuchlein machen, ohne fünfzig Kilo abzunehmen!?“

Wir setzten uns lachend zum Frühstück und verspeisten die Herrlichkeiten, die Siegfried aus dem kleinen Eisschrank hervorgezaubert hatte, dann war es Zeit zum Aufbruch.

Siegfried beschloß, nicht bequem mit dem Taxi zum Kongreßzentrum zu fahren, sondern mit dem Wohnmobil:

„Dann können wir am Nachmittag nach den Vorträgen vielleicht noch ins nächste Dorf fahren und Schafs- und Ziegenkäse kaufen — oder zu einem nicht so überlaufenen Strand fahren. „

„Gute Idee!“

„Ja — ,gute Idee` — aber so einfach losfahren, das geht nicht. Hast du nie gecampt? –„

„Ich hab mich gerade heute morgen ausgiebig gekämmt!“

„Du bist ein kleiner Scherzkeks, Melanie — ein schöner Kalauer übrigens — und du weißt ganz genau, was ich meine.

Such es dir aus: Willst du hier den Tisch wieder zu einem Bett umbauen oder das Geschirr abspülen und in die Oberschränke versorgen oder das Kabel holen und zusammenrollen oder die Füße hochkurbeln?“

„Mit dem weißen Dress — und den Stöckelschuhen im Gras?“

„Ich mach es schon!“

Und in Windeseile erledigte Siegfried dieses riesige Arbeitspensum außer dem Geschirr, das ich vorsichtig abspülte, um mich nicht naß zu machen.

Am Kongreßzentrum war der Parklatz natürlich schon voll, und Siegfried parkte sein Gefährt leicht illegal halb auf einem Gehweg.

„So große Autos schleppen die nicht ab — vielleicht muß ich ein paar Drachmen Strafe zahlen. „

„Dein Wort in Gottes Ohr!“

„Du sollst den Namen des HErrn nicht unwürdig führen! Sag lieber wie in ,Dr. Murkes gesammeltem Schweigen`: ins Ohr des höheren Wesens, das wir verehren!“

Zuerst schleppte mich Siegfried noch einmal ins Tagungsbüro, wo er den Titel seines Vortrags ändern und mich als Koreferentin eintragen ließ.

„Und bitte geben Sie uns eine schriftliche Bestätigung“, verlangte er.

„Auf deutsch — oder wenigstens auf englisch!“ fügte ich sicherheitshalber hinzu.

„Morgen können Sie das Papier abholen“, erwiderte die wenig begeisterte Sekretärin in gelangweiltem Ton.

Da die Vorträge, die uns interessierten, in verschiedenen Sälen gehalten wurden, trennten sich erst einmal unsere Wege. Siegfried machte einen durchorganisierten Plan: „Der letzte Vortrag, der mich interessiert, dauert bis vier und deiner, wie ich verstanden hab, bis um drei.

Vielleicht sehen wir uns in der Mittagspause im Restaurant, sonst komm dann nach drei in den Hörsaal C!“

„Okay, bis nachher!“

Huch, machte ich erstmal nach über zwölf-, ja, sechzehnstündigem ununterborchenem Zusammensein und sogar -schlafen mit Siggi, „hast du wieder mal einen Mann aufgegabelt oder dich aufgabeln lassen, Melanie! Du kannst es doch nicht lassen!“ — „Ohne Siggi“, sagte ich zu mir selbst, „hättest du wahrscheinlich auf der Parkbank übernachtet oder im Obdachlosenasyl oder bei der Heilsarmee, Siggi ist nett und sympathisch ohne fiese Draufgängerallüren, und ist es so schlimm, wenn wir uns einige Tage — und Nächte, gib es zu, Melanie! — miteinander vergnügen?“

Ich hörte am Vormittag eine Reihe langweilig vorgetragener Beiträge zu eigentlich interessanten Fragen der vergleichenden Sprachwissenschaft und machte einige Herren durch intelligente Fragen zu einzelnen Vorträgen auf mich aufmerksam.

Als ich in der Mittagspause im Selbstbedienungsrestaurant mein Essen zusammengestellt hatte, sah ich nirgendwo einen Bekannten sitzen, auch nicht Siegfried, und so setzte ich mich an einen noch freien Tisch. Es dauerte gar nicht lange, und es setzte sich einer der Herren aus meinem Hörsaal mit seinem Essen neben mich und begann, mich auf englisch nach meinem Woher und Wohin auszuqetschen. Das Gespräch war wenig ergiebig und versiegte bald.

Inzwischen war Siegfried im Restaurant erschienen, in lebhaftem Gespräch mit einer feschen, mit mir etwa gleichaltrigen Dame.

— „Melanie, du kennst Siggi noch nicht einmal einen Tag und wirst doch nicht etwa eifersüchtig werden?!“

Als die beiden an der Theke fertig waren, sah mich Siegfried; sein Gesicht hellte sich noch mehr auf, und er sagte zu seiner Begleiterin:

„Come here, Patricia, to this table!„

Die beiden steuerten wirklich meinen Tisch an.

Jetzt wurde es an meinem Tisch lebhaft.

Siegfried stellte uns vor:

„Patricia Dexter, Kollegin aus Providence, Rhode Island“ — er sagte das auf deutsch! — „Frau Melanie Knaack, Kollegin aus Hamburg. „

Ich begann, englisch mit Frau Dexter zu reden, aber sie unterbrach mich bald:

„Sie können gern deutsch mit mir reden; ich verstehe das gut, aber beim Sprechen mache ich vielleicht ein paar Fehler. Und, dear Melanie, nennen Sie mich gern Patricia!“

„Ich kenne Patricia schon lange von einem Kongreß“, klärte mich Siegfried auf, „und sie schickt mir manchmal Bücher aus Amerika, das ist viel billiger, als wenn ich sie in Deutschland im Buchgeschäft bestelle.

„Wenn Sie mal was aus den States haben wollen: Schreiben Sie oder rufen Sie an, ich schicke es Ihnen dann, und in einer Woche haben Sie's. „

„Und wie ist es mit der Bezahlung?“

„Postanweisung, Scheckkarte, wie Sie wollen! — Oh, entschuldigen Sie mich, da hinten wartet mein Mann!“

„Der ist Professor in dem Städtchen“, klärte mich Siegfried auf.

Eifersucht wieder völlig unnötig, Melanie — wie immer!

Die Nachmittagsvorträge waren noch langweiliger, und auch bei den Literaturwissenschaftlern, deren Vorträge sich Siegfried anhörte, war es nicht besser.

Als wir die Vorträge dieses ersten Kongreßtages endlich überstanden hatten, gingen wir erstmal ein Eis essen, und ich heiterte Siegfried auf, indem ich das Englisch des zuletzt gemeinsam gehörten Vortrags nachmachte, der Siegfried so sehr interessiert hatte.

Dann gingen wir zum Wohnmobil, und wirklich steckte etwas unter dem Scheibenwischer! Aber es war kein Strafmandat, sondern die Reklame eines Busunternehmens für Ausflüge, und wir freuten uns über die vielen Orthographiefehler, die wir entdeckten — auch im Neugriechischen schreibt sich „Delphoí“ mit oi und nicht einfach mit i, obwohl die Aussprache heute dieselbe wäre.

„Hast du eigentlich auch den Ausflug nach Delphoí [sprich: Delfí] in drei Tagen gebucht?“ fragte Siegfried.

„Ja! Dann fahren wir da ja auch zusammen hin! — Und der Ausflug zwei Tage später nach Olympia?“

„Da hab ich mich nicht angemeldet. Da muß ich morgen nochmal ins Kongreßbüro, vielleicht sind noch Plätze frei. „

„Geh doch jetzt schnell, vielleicht haben die noch auf.

Wir sind ja noch praktisch beim Zentrum, und bis dann wird die Kiste sicher auch nicht mehr abgeschleppt. „

So gingen wir noch einmal ins Kongreßzentrum. Das Tagungsbüro war noch geöffnet, die Damen gelangweilt wie immer, aber es waren noch Plätze, und so würden wir auch die Fahrt nach Olympia gemeinsam unternehmen.

Dann fuhren wir ins zweite Nachbardorf, kauften einen Kilobrocken Schafskäse, verstauten ihn im Eisschrank und legten uns noch eine Stunde zum Sonnen an den Strand.

Wie gut, daß wir uns im Wohnmobil Bikini und Badehose anziehen konnten, jetzt schon mit weniger Schamhaftigkeit ohne peinliches Achten darauf, daß in allen Phasen des Umkleidens alle heiklen Körperteile bedeckt sind.

Nach dem Sonnen und einem kurzen Bad im Meer wollten wir in unserem Gartenlokal essen. Wir trockneten uns in der warmen Sonne ab, indem wir einmal am Strand entlangliefen. Dann verschwanden wir im Mobil und schmissen das nasse Badezeug ins Abwaschbecken — die Nässe würde nach unten abtropfen.

Dabei konnte es nicht ausbleiben, daß wir einige Sekunden nackt waren, allerdings Rücken an Rücken beziehungsweise real Po an Po. Ich zog ein luftiges Strandkleid, Siegfried einen weißen Tennisdress an. Während des Umkleidens konnte sich Siegfried nicht mehr zurückhalten:

„Weißt du, Melanie, was für eine Topfigur du hast?“

„Ach nee, und du könntest etwas abnehmen, aber du hast ein liebes Gesicht. „

„Mit dem Abnehmen hast du ja soooo recht.

Aber das Essen schmeckt so gut. „

Dabei drehte er sich fertig angezogen um und streichelte sanft meinen Arm.

„Du Frechling betatscht eine halbnackte Frau“, tadelte ich lächelnd — denn ich war noch nicht ganz fertig — und gab ihm einen sanften Kuß auf die Stirn, „und nochmal vielen Dank für alles. „

„Ich hoffe, das war noch nicht alles!“

„Das hoffe ich auch.

Wir fanden im Lokal unseren Tisch in der Weinlaube, wie bestellt, frei und bestellten unserem Heißhunger entsprechend eine große Portion Lammbraten und einen Liter Retsina. Das Knistern verschlug uns ziemlich die Sprache, schließlich faßte ich das heiße Eisen an:

„Siggi, was macht eigentlich deine Frau?“

„Sie ist Bibliothekarin in Marburg. Sie heißt übrigens Herta. „

„Und hast du Kinder?“

„Eine Tochter, Hildegard, die studiert Germanistik in Greifswald.

„Greifswald?“

„Hat einen guten Ruf und ist möglichst weit vom Elternhaus entfernt — die jungen Leute, du weißt ja. Sie wohnt da mit ihrem Freund Dirk, ein lieber Kerl. — Und dein Mann?“

„Ist Geschäftsmann, Im- und Export, Hamburger Geschäftsführer einer über 300 Jahre alten Düsseldorfer Firma. — Weiß deine Frau, daß du eine andere Frau im Wohnmobil schlafen läßt?“

„Gegenfrage: Weiß dein Mann, daß du nicht im Hotel wohnst? Hat er vielleicht da mal angerufen?“

„Ich glaube nicht.

Wir haben uns ziemlich auseinandergelebt. „

„Wieso das? Der muß ja blöd sein mit so einer tollen Frau. „

„Ich hab wohl zu früh geheiratet. Ich konnte nicht verkraften, daß er fremdging — darüber hatten mich meine Eltern nicht aufgeklärt — erst zu Huren, und dann hatte er auch noch Freundinnen. „

„Und jetzt?“

„Jetzt leben wir ziemlich nebeneinander her. Und — ehe du noch weiter bohrst: Ich habe in Hamburg auch noch einen Freund.

„Weiß der, daß du nicht im Hotel bist?“

„Nein! Das braucht er auch gar nicht zu wissen, der würde sich viel mehr aufregen als Dieter — das ist mein Mann. — Aber sag, was sagt nun Deine Frau, wenn du hier –„

„Herta ist tolerant. Sie kennt es schon, daß ich bei Tagungen und Ähnlichem Frauen im Mobil habe. Nach allem, was sie überhaupt dazu sagt, glaube ich, sie würde sich freuen, wenn sie wüßte, daß eine Frau wie du mir Gesellschaft leistest und nicht eine Dame von ,Haus- und Hotelbesuche`.

„Meinst du wirklich?“

„Ja, das meine ich wirklich! — Übrigens hat Herta mit dieser Form der Untreue angefangen und will sich vielleicht deshalb mit Toleranz revanchieren: Wir waren noch nicht ein Jahr verheiratet, da hat sie auf einer Tagung jeden Tag mit ihrem Professor geschlafen in der Hoffnung, eine Assistentenstelle zu kriegen –„

„Und hat sie sie gekriegt?“

„Ja — und ich erinnere mich noch daran — sie hat nie wieder so geweint als dann, als sie es mir gebeichtet hat.

Das hätte sie gar nicht zu tun brauchen, denn ich als junger unerfahrener Schnösel hatte gar keinen Verdacht und hätte sicher auch nichts gemerkt. Blöd war es dann nur immer, wenn ich diesen geilen Prof traf, das ließ sich nicht immer vermeiden, und mir sein wissendes Grinsen ansehen und sein joviales Gequatsche anhören mußte: ,Na, junger Mann, wie geht es ihnen denn, ich hab gehört, Sie sind jetzt an der Albert-Schweizer-Schule?` Fürchterliche Situationen für einen ganz jungen Mann, immer zu denken: Dieser alte Bock hat meine Herta gevögelt! Ich mußte Herta natürlich verzeihen, und da hat sie mir erlaubt, mir in solchen Situationen — und nur dann — ein leichtes Mädchen zu nehmen.

„Du hattest aber wohl nicht immer nur leichte Mädchen?“

„Einmal hat sich eine fünfzigjährige Studienrätin an mich geschmissen, die einen Vortrag von mir toll fand — er war auch wirklich gut. Abgesehen von ihrer stürmischen Art — ich war damals Anfang dreißig — war sie ganz lieb und eine Wucht im Bett. „

„Und du hoffst, daß auch ich eine Wucht im Bett bin?“

„Entschuldige, Melanie, das ist mir jetzt in der Fahrt so rausgerutscht.

Ich würde mich natürlich freuen, um ehrlich zu sein — aber wirklich nur, wenn auch du willst. „

„Heute sicher nicht, wenn du darauf gehofft haben solltest, es ist aber hoffentlich der letzte meiner Tage. Ich will nicht, daß deine Matratze Blutflecken kriegt — Ich schlage vor –„

„Hast du wirklich ,hoffentlich` gesagt?“

„Das ist mir jetzt auch so rausgerutscht. Natürlich habe ich üüüüberhaupt keine Lust! — Mach nicht so ein triefäugiges Gesicht, Siggi! Ich wollte vorschlagen: morgen, wenn wir den Vortrag hinter uns haben.

Wir fielen uns selig über den Tisch hinweg in die Arme, küßten uns und schmissen dabei die leere Retsina-Karaffe auf den Boden. Wir boten dem herbeieilenden Kellner an, die Karaffe zu bezahlen, aber er sagte mit gespielt trockenem Ton:

„Verliebte bezahlen so was nicht! — Soll ich noch etwas Wein bringen?“

Ja, er sollte!

„Dann auf morgen!“, stießen wir an.

Ich fuhr fort:

„Bestellen wir zum Wein noch etwas zum Knabbern, und dann fahren wir auf den Campingplatz.

Ich muß noch ein paar Sätze zu Josephus Flavius schreiben, und du mußt die dann noch übersetzen!“

Als wir unter weiteren lockeren Gesprächen und zärtlichem Händchenhalten den nachgeschenkten Wein ausgetrunken hatten und zum Campingplatz fahren wollten, meinte Siegfried:

„Ich hab doch viel mehr getrunken als du, fahr doch bitte du zum Campingplatz. „

„Ich bin aber noch nie mit einem so großen Ding gefahren!“

„Das Mobil fährt sich wie ein PKW und ist auch nicht viel größer, jedenfalls kleiner als ein großer Mercedes, es wird schon gehen, es sind ja auch nur zwei Kilometer.

Und natürlich ging es bis darauf, daß ich bei der engen Einfahrt in den Campingplatz Angst bekam, und weil ich in einer engen Kurve einbog, sicherheitshalber noch einmal zurücksetzte. Ich fuhr wieder auf unseren Platz, Siegfried bockte das Mobil auf und schloß das Stromkabel an, dann richtete er das Innere erst einmal wieder als Sitzecke her, da wir ja noch zu arbeiten hatten, und holte das Manuskript seines Vortrags heraus.

Weil es auch jetzt abends noch irrsinig heiß war, zog ich mein Strandkleid aus und auch noch das Oberteil —

„Du hast doch nichts dagegen, Siggi?“ — natürlich hatte er gegen diesen Anblicknichts — „und zieh dich doch auch aus, höchstens die Badehose oder den Slip, du verschwitzt doch sonst alles!“

So gingen wir nur mit Höschen bekleidet Siegfrieds Text durch, er kürzte ihn um ein Drittel, und ich schrieb schnell einige Sätze über Josephus Flavius und haute dabei mächtig auf die Pauke: es sei gerade heute wichtig, über die Geschichte Israels Bescheid zu wissen.

Siegfried übersetzte meine Worte praktisch zeitgleich in Englische, dann ließ er mich meinen Text zweimal üben, und nach weniger als einer Stunde waren wir mit der Arbeit fertig.

Während ich zum Duschen ging, baute Siegfried das Mobil wieder zum Schlafen um. Als ich vom Duschen zurückkam, kam mir ein Herr entgegen, der den Duschen für Männer zustrebte. Da merkte ich, daß ich im Eifer des Gefechts ganz vergessen hatte, für den Gang von den Duschen zurück den BH anzuziehen; so verdeckte ich meinen Busen notdürftig mit verschränkten Armen.

Der Herr aber begrüßte mich freundlich:

„Ich seh gar nicht hin, gute Frau. Wie schön, daß hier noch mehr Deutsche sind, dann kann man sich zur Not ja mal helfen. „

„Sind Sie zufällig auch zum Kongreß hier?“ fragte ich und ließ die Arme wieder hängen.

„Nein! Meine Frau und ich sind sozusagen normale Touristen auf einer Peloponnes-Rundfahrt. Na, dann gute Nacht!“

Das Mobil war leer, Siegfried war beim Duschen.

Ich tauschte das Bikinihöschen mit einem dick gewebten Slip und legte mich schlafen. Als Siegfried zurückkam und seinen Pyjama anziehen wollte, sagte ich:

„Schlaf doch auch nackt bei dieser Hitze. Ich zieh auch nicht mein Pyjama an. Ich hab nur das eine mit, und das ist von gestern schon ganz verschwitzt. Ich hab keine Lust, hier noch Wäsche zu waschen, wenn es nicht unbedingt nötig ist. Den Slip hab ich nur noch an wegen meiner Tage.

Legen wir aber gegen den Schweiß noch ein zweites Laken auf die Matratze. „

Siegfried nahm diesen Vorschlag auf, holte noch ein Laken hervor, breitete es aus, zog sich von mir abgewandt aus und zum Schlafen aus Sympathie auch einen Slip an. Dann legte er sich neben mich und machte das Licht aus.

Ich kuschelte mich an Siegfried und legte meinen Kopf auf seine Schulter, da begann Siegfried:

„Darf ich dich noch was fragen?“

„Ja, natürlich!“

„Ich wollte das vorhin schon, aber dann sind wir im Gespräch auf was anderes gekommen.

„Also sag schon!“

„Aber du mußt es nicht beantwortenm wenn du nicht willst. „

„Mach's doch bitte nicht so spannend! Ich sag schon, wenn ich über etwas nicht reden will. „

„Mußtest du dich auch in deiner Karriere hochvögeln?“

„Nein, da hatte ich Glück, das mußte ich nie. „

„Und ich bin schon in der Schule damit in Berührung gekommen.

Die beste Schülerin unserer Klasse war ein Genie, aber fürchterlich faul. Jetzt ist sie Professorin für Mikrobiologie in Cambridge, nobelpreisverdächtig. Die ließ sich Hausarbeiten, Aufsätze und so weiter von den Mitschülern schreiben, schrieb das dann nur ab, und wenn nicht zu viele Fehler drin waren, gewährte sie den Jungs den Beischlaf. Ich hatte auch drei- oder viermal das Glück. Beim Abitur sah man dann, was sie auf dem Kasten hatte, da konnte sie es ja nicht so machen — und sie wurde die Erste unseres Jahrgangs.

„Vielleicht hatte sie ja auch mit den Lehrern –„

„Bestimmt nicht!“

„Wer will das schon so genau wissen. — Und wir hatten in unserer Klasse ein Mädchen, das hieß Schwarz — das war fürchterlich verliebt in einen Typen, und dann hat sie ein anderer flachgelegt, und dann hat sie viel zu früh geheiratet, und dann hat ihr Mann sie betrogen, und dann hat sie ihren Mann betrogen, und jetzt liegt sie neben einem Typen im Wohnmobil, den seine Frau ganz zu Beginn der Ehe betrogen hat und der ihr das verziehen hat und die darum und wegen der daraus resultierenden Folgen jetzt so glücklich verheiratet sind –„

Siggi war inzwischen aber eingeschlafen: und so würde ich die Geschichte des Mädchens Schwarz wohl nächste Nacht wiederholen müssen!

Am nächsten Morgen: Wie schön, sich „unscheniert“ voreinander bewegen zu können! Ich ging mich wieder zuerst duschen, währenddessen bereitete Siegfried das Frühstück vor; nachdem auch er geduscht hatte, frühstückten wir nur mit Höschen bekleidet, damit wir unsere guten Sachen nicht vollkleckerten.

Beim Anziehen wieder viel unbeabsichtigter — aber auch beabsichtigter zarter Körperkontakt, und dann — kurbelte Siegfried nicht das Mobil hinunter sondern:

„Melanie: du mußt noch ein paarmal deine englischen Sätze über Josephus Flavius üben! Versuch sie doch einmal auswendig zu sagen!“

Das gelang mir auch beim vierten Versuch. Aber auch Siegfried übte seinen Vortrag noch ein paarmal, dann machte er das Mobil startklar, und wir fuhren zur Tagung.

Nur hatten wir von den Vorträgen dieses Tages wenig, weil wir wegen unserer Beiträge viel zu aufgeregt waren und immer dachten, wie es am Nachmittag wohl werden würde. Siegfrieds Vortrag war erst um fünf Uhr nachmittags dran, da hatten wir viel Zeit zum Zittern!

Dieser große Moment kam dann endlich; ich fand, Siegfried und ich haben unsere Sache gut vorgetragen. Das Echo bei den anderen Teilnehmern war aber nicht überwältigend; das war aber auch kein Wunder, denn unser Thema betraf ja nur den Griechischunterricht in Deutschland, und das interessiert relativ wenig auf einer Tagung, wo andere von neu ausgegrabenen Inschriften oder dem neu aufgefundenen ältesterhaltenen Text einer antiken Tragödie berichten.

Und unsere deutschen Kollegen glänzten ja durch Abwesenheit; die würden es später im Kongreßbericht lesen.

„Und jetzt feiern wir bei unserem Ioannis!“

In unserer Weinlaube bestellten wir ein Festessen mit wieder Lammbraten und Gyros und Souflaki und Zaziki und … und Schafskäse … und vielleicht etwas viel Retsina. Als Siegfried zum Abschluß noch ein Glas süßen Samos bestellen wollte, fragte ich vorsichtig:

„Siegfried, ist das nicht ein bißchen viel, ich dachte, wir hätten heute noch was vor!?“

„Und du hast es dir nicht anders überlegt? — Du mußt nicht denken –„

„Ich denke wirklich nicht, daß du mich nur deshalb aus der Gosse gezogen hast!“

„Und du bist doch verheiratet –„

„Dieter — was mein Mann ist, das sagte ich ja schon — ist immer noch sehr nett zu mir — bis auf seine Eskapaden — aber verheiratet bin ich eigentlich mehr mit Otto — und das ist auch so eine Geschichte, der ist auch verheiratet und hat noch eine andere Freundin — aber was rede ich da so im Suff daher — also mit ,verheiratet`, das ist so eine Sache — die hindert mich eigentlich nicht — komm, laß uns auf den Campingplatz fahren, bringen wir's hinter uns!“

„,Bringen wir's hinter uns!` — steht dir das so bevor — dann können wir es auch –„

„Nicht lassen — Nein, Siggi, ich freu mich! — Komm, fahren wir — wer von uns hat weniger getrunken?“

„Heute glaube ich, ich“, lachte Siegfried, „ich hab mich extra etwas zurückgehalten, damit wenigstens einer von uns noch fahren kann — denn ich glaube — das Wohnmobil werden wir brauchen!“

„Wozuuuu denn? Kann ich mir gâr nicht vorstellen!“

Damit setzte ich mich noch ein wenig auf Siggis Seite des Tisches und fiel ihm küssend um den Hals.

Wir fuhren schnell zum Campingplatz, und wie Siegfried dort losfuhrwerkte, mußte ich ihn lachend fragen:

„Läuft hier ein Wettbewerb für Schnellcampen?“

In Windeseile zog sich Siegfried aus und eine Badehose an; ich ließ mir bedeutend mehr Zeit und ließ Siegfried in Ruhe meinen zwischenzeitlich auch ganz unbekleideten Körper betrachten. Ich hatte den „teuflischen“ Gedanken, heute zum Duschen einen Einteiler herauszusuchen, und als Siegfried mich mit etwas enttäuschter Stimme fragte:

„Ist dein Bikini noch naß? Hast du keinen anderen?“,

mußte ich ihn aufklären:

„Ich finde mich so viel erotischer, du geiler Bock!“

Händchenhaltend strebten wir zu den Duschen und verteilten uns auf Weiblein und Männlein.

Auch hier ließ ich mir viel Zeit. Als Siegfried ganz schnell fertig war, war um die Duschen wohl alles leer, jedenfalls schlich sich Siegfried in die Damen-Duschräume, und da auf diesem Campingplatz die Duschkabinen keine Türen hatten, fand er mich schnell und beobachtete mich beim Duschen. Als ich das merkte, machte ich auf Ottos Rat einige natürliche Bewegungen.

Bald war auch ich fertig und trocknete mich ab. Siegfried rief mir zu:

„Komm doch schnell so, es ist weit und breit kein Schwein zu sehen!“

Aber ich zog doch lieber schnell meinen Badeanzug an —

„Du hast ja auch deine Badehose an, Siggi, warum wohl!?“

— denn der Weg zu den Duschen war taghell erleuchtet.

Im Wohnmobil aber war es dann endlich soweit: Wir fielen uns küssend um den Hals, entledigten uns unserer Kleidungsstücke, und Siegfried genoß es, wie ich mich von oben nach unten aus meinem eleganten Badeanzug pellte. Als erstes wurden meine Brüste sichtbar, aber die kannte Siegfried ja schon. Bevor ich den Badeanzug weiter abstreifte, gab ich Siegfried einen zarten Kuß auf sein noch hängendes Ding und sagte:

„Nichts Neues, nicht war? Langweilig!“

Allmählich kamen mein Nabel, meine Hüften und schließlich mein schwarzes Venusdreieck zum Vorschein, und Siegfrieds Liebesstab wuchs, wie es sich für einen gesunden Mann gehört.

Siegfried hatte mein Dreieck wohl schon in den letzten Tagen bei diversen Umziehaktionen sehen können, aber ich glaubte dem Guten, als er mir versicherte, er habe immer in eine andere Richtung gesehen, wenn es beim Umziehen wieder einmal soweit war.

Als ich den Badeanzug endlich in eine Ecke geschmissen hatte, küßte mich Siegfried von oben nach unten mit Ausnahme meiner linken Brust, die vergaß er irgendwie. Schließlich hockte er vor mir, leckte meine Muschi und fragte überflüssigerweise:

„Gefällt dir das?“

Und ich antwortete wahrheitsgemäß:

„Wunderbar! Du machst das wunderbar! Mach bis morgen früh so weiter!“

Aber bald merkte ich, wie Siegfried anfing zu zittern: Man kann es ja nicht ewig in der Hocke aushalten.

„Komm wieder rauf, Siggi, ich zieh dich an den Haaren aus dem Sumpf oder dem schwarzen Wald oder wo du dich sonst verkrümelt hast!“

Als Siggi wieder stand, glitt ich meinerseits an ihm hinab bis in die Hocke und beschäftigte mich schließlich besonders ausgiebig — ja, mit was wohl? Nach kurzer Zeit spürte ich, wie Siggi immer zurückzuckte.

„Mache ich etwas falsch?“ fragte ich, „Tut dir etwas weh?“

„Nein, es ist wunderbar, aber ich weiß nicht — ich schäme mich etwas — wir kennen uns doch erst seit –„

„Seit drei Tagen — das ist noch nicht lange, aber du brauchst dich nicht zu schämen — vor mir schon gar nicht — ich bin doch alles andere als eine Klosterschülerin — soll ich weitermachen, oder willst du etwas anderes?“

„Ich hab mich so gefreut, dich zu f/v –„

„Nun sprich es schon aus: mich zu ficken und zu vögeln — ich kenn diese Wörter, mein kleiner Junge — das können wir dann ja noch.

„Ich weiß nicht, ob ich noch kann, wenn du jetzt schon — ich bin ja auch nicht mehr der Jüngste!“

„Du wirst es schon schaffen! Du bist doch im besten Mannesalter! Oder ist das deine Erfahrung, daß es dann nicht mehr so geht? Und wenn schon — wie lange läuft die Tagung noch, doch über eine Woche. Also sag ehrlich und ohne falsche Scham: willst du mir in den Mund –„

„Ehrlich gesagt, ja! Ich hab das noch nie so stark erlebt!“

„Ja, ja, ich bin eine Liebeshexe, Betonung auf Liebe: Das haben andere vor dir auch schon erfahren.

Und kaum hatte ich Siggis Kolben wieder in den Mund genommen, da spritzte er gewaltig, und auch die fünften und achten Nachspritzer hätten sich sehen lassen können, wenn er sie mir nicht auch in den Mund verpaßt hätte.

Ich setzte mich zum Ausruhen von dem anstrengenden Hocken mit gespreizten Beinen — wie sie so fielen — auf das gemachte Bett und sagte zu Siggi, denn ich wußte ja: Die meisten Männer lieben es, wenn man sich mit ihrem zentralen Organ beschäftigt:

„Dein Schwanz ist ja einer von der ganz dicken Sorte.

Mit deiner dicken Eichel hast du wohl schon viele Frauen glücklich gemacht?!“

„Einige — aber gar nicht so viele, ich hab es dir ja in großen Zügen erzählt, in der letzten Zeit fast nur Freudenmädchen, und ob die mit mir so glücklich waren — und ich hab ja früh geheiratet, davor war auch nicht so viel. „

„Aber etwas kurz, das Ding. Mich stört das überhaupt nicht“, sagte ich und küßte Siggis inzwischen wieder kleinen Schwanz.

„So ist er sogar größer als normal. „

„Ja, mit dem Ding hatte ich als ganz junger Bengel meine Probleme. Meine Kameraden gaben immer an, wenn sie soweit waren und mit den Frauen anfingen, wie sie hinten angestoßen sind. Ich dachte am Anfang immer, ohne das ist es nichts wirklich Geiles, denn ich stieß fast nie hinten an. Aber dieser Minderwertigkeitskomplex hat sich dann gelegt. „

„Das ist ja wunderbar“, sagte ich, „ich mag es nämlich gar nicht, wenn ein Langschwänzler mich bis hinten durchrammt!“

Damit faßte ich Siggis Hand, führte sie in meine immer noch weit gespreizte Scham, schob seine Finger etwas an, und dann machte er alleine weiter und wichste mich zum Höhepunkt.

Jetzt erst legten wir uns nebeneinander aufs Bett, küßten uns oben und probierten verschiedene Arrangements unserer Beine unten.

Noch bevor er wieder erstarkt war, fragte Siggi:

„Kondom?“

„Lieber nicht!“

„Mit dir hier im Wagen, das geht, aber ein Kind, das kann ich Herta nicht zumuten. Du hattest doch gerade deine Tage –„

„Keine Angst, ich nehme die Pille.

Und du bist, denke ich gesund — als deutscher Beamter!“

„Bin ich bestimmt! Ich hab die letzten zwei Jahre nur mit Herta –„

Wir knutschten erst einmal weiter, dann mußte ich den guten Siggi doch etwas necken. Ich entwand mich seiner Umarmung, legte mich auf den Rücken und begann:

„Siegfried, ich muß doch nachdenken, ob du es wert bist, daß ich mich dir hingebe. „

„???“

„Bevor sich ein ans-tändiges Mädchen einem Manne hingibt, muß es doch prüfen, ob er ihrer würdig sei.

„Machst du jetzt Übungen mit dem Konjunktiv?“

„,Optativ` sollte man im Deutschen sagen! — Bis jetzt gab ich mich dir nicht hin. „

„Aber wir haben doch eben –„

„Noch ackertest du nicht in meiner Furche. „

„Jetzt wirst du auch noch poetisch. „

„Pötisch!“ erlöste ich ihn lachend. „Daran mußt du dich gewöhnen: Ich verfalle in solch einen Ton besonders dann, wenn ein Freund es besonders gut gemacht hat, vielleicht damit ich nicht wirklich ins Pötische und Schnulzige falle: ,Unter deinen Händen` — um nicht zu sagen: ,mit deinem, du weißt schon — habe ich die Rosen im Himmel klingeln hören!` oder so ähnlich! — Komm zu mir, leg dich mal auf mich und mach's mir — und dir!“

Damit bugsierte ich Siggi auf meinen Bauch, er nahm aber alsbald die — wie ich wiederholt sagte: zu unrecht in Mißkredit geratene — Missionarsstellung ein und begann mich zu ficken — das Eindringen war trotz seinem dicken Kolben fast unmerklich bei meiner Erregung — zuerst sehr schnell, aber dann fiel er bald in eine etwas langsamere, aber immer noch schnelle Gangart — und fiel mir wieder auf den Bauch, sein Schwänzli in mir —

Wir mußten furchbar lachen, denn Siggi hatte offenbar die Eigenschwingung der Hinterachsfedern getroffen, und es quietschte, daß die weitere Umgebung es hören mußte.

„Verdammt“, sagte Siggi lachend, „ich hab doch das ganze Wohnmobil vor der langen Reise durchsehen lassen, aber die hielten es wohl nicht für nötig, die Federn und Stoßdämpfer nochmal zu ölen. Da müssen wir morgen mal in eine Werkstatt. „

„,Stoßdämpfer` ist sehr gut in diesem Zusammenhang! — Komm, mach langsam weiter. „

Dabei quietschte es immer noch etwas, besonders beim beschleunigten Endspurt —

„aber wir machen doch nichts Schlechtes — oder hört man von draußen, daß wir beide anderweitig verheiratet sind?“

„Wohl kaum!“ lachte Siggi.

„Na, siehst du, Siggi, es ging doch auch beim zweiten Mal prächtig!“ sagte ich, als wir uns verpustet hatten. „Beim nächsten Mal machen wir es im Nebeneinanderliegen, dann ist die Bewegung in einer anderen Richtung. „

Doch dazu kam es nicht mehr, denn nach unserer Riesenanstrengung waren wir bald sanft und selig eingeschlafen, und am Morgen wachten wir so spät auf, daß wir den ersten Vortrag der Literaturwissenschaftler, den Siggi eigentlich hören wollte, verpaßt hatten.

„Worüber ging er denn?“ fragte ich.

„Über den Einfluß der griechischen auf die römische Komödie. „

„Das ist doch längst erforscht!“

„Eigentlich ja. Deshalb ist der Vortrag ja so interessant. Ich weiß wirklich nicht, was der uns erzählen will, um seine Reise bezahlt zu kriegen. „

„Nichts Erotisches?“

„Ich glaub, auf der ganzen Tagung ist kein Vortrag über die erotische Literatur.

„Schwach! Machen wir einen in fünf Jahren in Salamanca?“

„Gern! Aber da ist doch auch schon alles erforscht!“

„Da fällt uns schon noch was ein. Wir haben ja fünf Jahre Zeit. „

An diesem Tag machten wir zum ersten Mal das Morgenritual, das wir für den Rest der Tagung beibehielten: Duschen wegen der Fleckengefahr, nackt frühstücken, nochmal duschen, stadtmäßig anziehen.

Aber nur diesmal fuhren wir zuerst in eine Autowerkstadt, um die Federn — auch die der Vorderachse — gründlich ölen zu lassen.

Als der Meister Siggis elegante Begleiterin sah — nämlich mich; ich war auch ausgestiegen und sah mir die für deutsche Verhältnisse etwas abenteuerliche Werkshalle an — setzte er ein feines, wissendes Lächeln auf und sagte mit betonter Höflichkeit:

„Sehr wohl, meine Herrschaften. In einer halben Stunde können Sie den Wagen abholen. „

Wir setzten uns in ein Café und machten einen Plan — einen Liebesplan, wie Siegfried nur ungern zugab.

Wir nahmen uns das Tagungsheft vor und sahen, welche der Vorträge uns wirklich interessierten. Es waren nicht so sehr viele, und so hatten wir an manchen der folgenden Tage reichlich Zeit für Stadtbummel und Ausflüge zum Baden oder zum Besichtigen bekannter und weniger bekannter Sehenswürdigkeiten der Umgebung. Die Nächte verbrachten wir wie wohl die meisten Liebespaare, allerdings waren wir in zwei oder sogar drei Nächten so müde, daß wir praktisch sofort einschliefen.

In unserer zweiten Liebesnacht hatte ich schon Gelegenheit, meine Geschichte vom Mädchen Schwarz zu erzählen.

Siggi verstand sie sofort und küßte mich ganz herzlich.

Am Tag darauf war abends ein großes Ereignis: Der Hauptempfang der Tagung im Rathaus von Patras. Siggi wollte mir dafür ein schickes Kostüm schenken, aber ich wollte von ihm solches nicht annehmen. Allerdings ließ ich mich von ihm gern ins Modengeschäft begleiten. Das hätte ich vielleicht nicht tun sollen, denn dort war Siggi — wie wohl die meisten Männer — schnell ungeduldig, und ihm war es peinlich, wie ich die zwei Kostüme der engeren Wahl — ein weißes und ein hellbeiges — wohl dreimal hin und her anprobierte und mich nicht entschließen konnte.

Die Verkäuferin sagte nach jedem Umziehen ausnahmslos:

„Das steht Ihnen besonders gut! Wenn ich an Ihrer Stelle wäre, würde ich das kaufen!“ –,

wohl um mich endlich loszuwerden. Geld genug hatte ich für beide mit, aber wenn ich beide kaufte, hätte ich auch noch einen zweiten Koffer kaufen müssen.

Als ich mich endlich — wohl nach über eineinhalb Stunden im Geschäft — für das hellbeige entschieden hatte, rückte Siggi heraus:

„Kauf doch beide! Die stehen dir wirklich beide gut! Und einen Koffer brauchst du nicht! Ich hab beschlossen: Ich bring dich mit dem Wohnmobil nach Hamburg — wenn du willst! Und dann kannst du das Kostüm während der Reise im Mobil in den Schrank hängen.

Dieser tolle Vorschlag kam für mich so unerwartet, daß ich mich erst einmal setzen mußte. Die Verkäuferin dachte wohl, ich sei nahe am Ohnmächtigwerden und brachte mir eine Tasse Kaffee und ein Glas frisches, perlendes Mineralwasser. Das hätte sie schon längst tun können! Ich ließ mir dann schnell beide Kostüme einpacken, gab Siggi einen Kuß: „Danke, daß du mir geholfen hast, mich endlich zu entscheiden!“, bezahlte, und wir verließen das Geschäft.

Wir gingen direkt in ein Restaurant, denn es war inzwischen Mittagszeit.

„Was hast du da gesagt“, fragte ich Siggi, „du willst mich nach Hamburg bringen? Das ist doch ein Riesenumweg für dich!“

„Ich hab mir noch mehr gedacht: Ich fahr nicht wieder über Italien, sondern über Bulgarien, Rumänien, Ungarn, die Slowakei, Polen, dann über Stettin nach Deutschland, besuche meine Tochter in Greifswald und setze dich in Hamburg ab.

Dann sind wir einige Tage später zu Hause, aber es sind ja jetzt Ferien — bei dir in Hamburg doch auch?“

„Ja, wegen Ferien würde das schon gehen, aber was sagt zum Beispiel deine Herta. „

„Die muß ich natürlich anrufen, und du deinen Mann wohl auch. „

„Und auch den Otto — der war sowieso schon geknickt wegen der zwei Wochen Tagung. „

„Der soll sich nicht so anstellen, wenn er so eine tolle Geliebte wie dich hat — also hast du Lust?“

„Riesige!“ rief ich, stand auf, lief um den Tisch und küßte Siggi.

Das ganze Restaurant wunderte sich, aber anders als im s-teifen Norddeutschland hörten wir von verschiedenen Tischen: „Viel Glück, ihr beiden!“ und ähnliches: Mitgefühl, keine Anzüglichkeiten.

„Da ist aber ein Problem — ein ganz schweres“, fuhr ich fort, als ich mich wieder auf meinen Stuhl gesetzt hatte, „ich wollte schon immer mal nach Polen reisen und hab auch schon längst einen Reiseführer gekauft — aber der liegt jetzt natürlich unnütz zu Hause rum.

„Das läßt sich wohl jetzt nicht ändern! Ich hab auch einen Polen-Führer zu Hause liegen!“

Das waren ja Aussichten! Drei oder fünf — ich zählte verstohlen unter dem Tisch an den Fingern nach — mir noch unbekannte Länder wenigstens auf einem Kurztrip kennenlernen, und das in so lieber Begleitung! — Ich mußte Siggi doch fragen:

„Ist deine Herta dann nicht neidisch?“

„Nicht allzu sehr.

Außer in Bulgarien war ich mit ihr schon im Laufe der Jahre, auch mit meiner Tochter. „

„Wie heißt die übrigens?“

„Hildegard — nach einer ihrer Großmütter — das sagte ich dir doch schon mal. „

„Ach ja, richtig! Und was sagt die, wenn du mit einer Freundin anrückst — oder soll ich solange im Café warten?“

„Auf keinen Fall! Natürlich nicht! Hildegard haben wir nicht nur über die Funktion der Geschlechtsorgane aufgeklärt, sondern auch übers Psychologische: daß auch Eheleute manchmal Freund und Freundin haben.

Und wir haben ihr auch, als sie älter geworden war, andeutungsweise davon erzählt, wie wir — jetzt eigentlich nur noch ich, um ehrlich zu sein — es mit so was halten. „

„Aber du mußt sie doch darauf vorbereiten, daß du nicht allein kommst. „

„Natürlich, das muß ich!“

„Jetzt kommt noch einiges auf uns zu in den nächsten Tagen“, sagte Siggi nach einer Pause: „Fähre nach Italien stornieren, du deinen Rückflug stornieren, Visa beschaffen –„

„Kriegt man die nicht jetzt an der Grenze?“

„Ich glaube, ja!“

Wir fuhren dann nach dem Essen gleich auf den Campingplatz, um uns vor dem Empfang noch etwas auszuruhen.

Siggi verzichtete auf das Aufbocken und das Stromkabel, denn es war ja heller Tag. Wir stellten den Wecker, zogen uns aus und legten uns nackt aufs Bett, um etwas zu schlafen. In der Mittagshitze deckten wir uns auch nicht zu. Ich war es, die es nicht lange aushielt: Ich kuschelte mich an Siggi, legte ihm ein Bein auf seine Mitten und hauchte ihm ins Ohr:

„Danke für die schöne Reise!“

Bald war Siggi voll da, und wir liebten uns mal nicht in nächtlicher Dunkelheit wie bisher immer in unserer kurzen Affäre, sondern in hellem Nachmittagslicht, das durch die zugezogenen Fenster fiel.

Wir wachten gerade noch rechtzeitig auf, um zu duschen und uns für den großen Empfang anzuziehen. Ich spannte Siggi nicht wieder auf die Folter mit Kleider-Auswählen, sondern zog rasch entschlossen das neue beige Kostüm an, da ich ja schon bei der Eröffnung in meinem mitgebrachten weißen Kostüm erschienen war. Siggi zog denselben hellen Sommeranzug an wie bei der Eröffnung. Schnell waren wir fertig und fuhren zum Rathaus, wo der Empfang stattfinden sollte.

Daß wir aus demselben Auto stiegen, blieb nicht unbemerkt. Schon bevor der Empfang durch einige Ansprachen eröffnet wurde, trat ein Kollege zu uns, den wir beide von deutschen Tagungen kannten. „Also doch noch ein Deutscher hier“, freute ich mich schon. Dann aber fragte dieser Mensch:

„Seid ihr jetzt zusammen?“

Ich konnte mich nicht erinnern, mich mit ihm je geduzt hatte — Siggi auch nicht, wie er mir später sagte.

Siggi war etwas sprachlos, aber ich erinnerte mich an den Namen des Herrn und log Herrn Gródzicky (gesprochen etwa Gru-djitz-ki) frech an:

„Ich hab nur ein Hotel weit außerhalb gefunden, Herr Fischer, –„

„Gródzicky!“

„Entschuldigen Sie, Herr Grotz-Zicki“, — ich sprach seinen Namen extra falsch aus — „ich hab Sie verwechselt — und Herr Kroll holt mich manchmal ab, wenn ich, wie heute abend, keinen vernünftigen Bus hab.

Diesen Herrn waren wir damit für den Abend los.

Interessanter waren sowieso Siggis StudienkollegInnen aus seiner England-Zeit, eine/einer lustiger als der andere. Wir setzten uns alle an einen der wenigen Tische, Siggi tauschte mit ihnen Erinnerungen aus seiner Studienzeit in England aus, und ich nahm mit meinem nicht sehr guten Englisch, so gut es ging, an der Unterhaltung teil. Manche dieser fellows konnten recht gut deutsch, und sonst halfen sie mir in lieber Weise, wenn ich ein Wort oder einen Ausdruck nicht fand.

Nach einiger Zeit trennten wir uns, denn mein Griechisch-Professor, der also doch auch angereist war, sprach mich an, führte mich an einen anderen Tisch und unterhielt sich lange mit mir über meine Tätigkeit seit dem Studium. Er war ein strenger Professor gewesen, international renommiert, und vor seinen Prüfungen hatte ich immer ziemliche Angst. Ich fühlte mich sehr geehrt, daß er sich an mich erinnerte und mich sogar hier, auf einer internationalen Tagung, eines langen Gespräches würdigte.

„Ich habe gehört, Sie haben im Anschluß an den Vortrag von Herrn Kroll für Josephus Flavius geworben! Schade, daß ich das zu spät erfahren habe, sonst hätte ich mir das gerne angehört. Sie sind sich wohl im Klaren, daß Ihre und Herrn Krolls Vorschläge wenig Aussicht auf Erfolg haben, aber daß das mal gesagt wurde, finde ich eine sehr gute Idee! — Besuchen Sie mich mal; Sie wissen ja wahrscheinlich, ich lehre jetzt in Kiel!“

Nach diesem Gespräch ging ich nicht zu der Gesprächsrunde, in der ich Siggi sah, sondern setzte mich an die Bar, wo einer von Siegfrieds netten englischen Studienkollegen allein saß und an seinem Glas nippte.

„Hello, Me-melanie!“ sagte er — er war schon ziemlich hinüber — nur den Vornamen zu gebrauchen, das ist, wie ich wußte, allerdings in England absolut üblich.

Dann lobte er in nicht sehr gutem Deutsch meinen Vortrag, dann ohne Übergang anschließend meine Beine und betastete sie auch. „How nice should be your pu-pussy“, sagte er schließlich und war mit seiner Hand schon fast da angekommen. Aber einer seiner englischen Kollegen rettete mich, entschuldigte sich für ihn und stellte ihn in einer toten Ecke des Saales ab.

Dieser nette Kollege zeigte mir dann auch, in welcher Ecke des Saales sich Siggi gerade mit einem Grüppchen unterhielt, und mit diesem Grüppchen — wieder Kollegen aus England und Amerika, die auch Siggi erst auf dieser Tagung kennengelernt hatte — gingen wir nach Ende des Empfangs noch in ein Weinlokal. An diesem Tag achtete ich darauf, nicht zuviel zu trinken, und wir boten den Kollegen an, sie anschließend zu ihren Hotels zu fahren.

Sie wohnten zum Glück alle in demselben, und die Fahrt dorthin wurde sehr lustig; Siggi, der Patras ja von einer früheren Reise besser kannte als ich, lotste, und ich fuhr. Dort wurden wir noch einmal zu einem jetzt aber absoluten Schluß-Retsina eingeladen, und die inzwischen reichlich angeheiterten — Betonung auf heiter — Kollegen verabschiedeten uns dankend mit einem ahnenden Lächeln.

Auf dem Campingplatz verbrachten wir wieder eine herrliche Liebesnacht in Vorfreude auf den morgigen Ausflug nach Delphoí.

Da wir allmählich die Scheu ablegten und während des Ausflugs öfters Händchen hielten, ahnten die anderen Tagungsteilnehmer allmählich, daß wir näher miteinander verbandelt waren, als es auf den allerersten Blick den Anschein hatte. Des öfteren wurde ich mit „Frau Kroll“ und Siggi mit „Herr Knaack“ angeredet.

Nach einer wieder wunderschönen Liebesnacht, in der wir aus Übermüdung allerdings noch in der ersten Kuschelphase einschliefen, folgte ein Arbeitstag, der vor allem mit dem Stornieren von Fähre und — mühsam telephonisch — meines Rückflugs ausgefüllt war.

Die anteilige Rückzahlung konnte ich mir angeblich in Hamburg abholen — ob das wohl klappen würde?

Dann kamen die notwendigen Absagen an unsere Liebsten daheim. Unproblematisch war Siggis Frau.

„Herta wünscht uns eine schöne Reise und läßt dich grüßen“, sagte Siggi, als er aus der Telephonzelle trat.

Ich dachte, mich trifft der Schlag.

„Hast du Herta von mir erzählt?“

„Ja, das hab ich! Sie freut sich, daß ich auf der langen Reise durch die Ostländer und über Greifswald nicht alleine fahr.

„Hast du ihr auch gesagt, daß deine Reisebegleitung eine Frau ist?“

„Ja, natürlich!“

„,Natürlich` — und?“

„Herta denkt sich schon halbwegs richtig, was im Wohnmobil passiert — ich sagte ja — unsere Übereinkunft –„

„Aber die Reise zusammen ist doch keine Tagung mehr. „

„Aber so gut wie — jedenfalls läßt dich Herta schön grüßen!“

Dann rief ich Otto an — zu einer für uns ungewöhnlihen Tageszeit.

Otto war am Apparat — ich schenkte ihm reinen Wein ein, und er hatte es gefälligst zu akzeptieren, daß ich noch ein Sonntagstreffen absagte. Er ließ Siggi nicht schön grüßen.

Und schließlich Dieter. Er hatte nichts dagegen, daß ich noch diese schöne Reise durch die jetzt demokratischen Länder machte, auch nicht in männlicher Begleitung; ich ließ es darauf ankommen und sagte ihm ehrlich, daß ich mit einem Marburger Kollegen führe.

Allerdings sagte ich nichts von Wohnmobil, vielleicht nahm Dieter wirklich an, daß wir in Hotels übernachteten. Jedenfalls wünschte er mir eine schöne Reise, und auch später fragte er mich nur nach Touristischem.

Außerdem versuchte ich eine Familie in Bukarest anzurufen, die ich einmal kennengelernt hatte und deren Adresse und Telephonnummer ich zum Glück fand. Leider aber nahm niemand ab.

Am Abend schleppte mich Siggi vor dem Essen noch in eine Boutique.

Er wünschte, ich solle den morgigen Ausflug nach Olympia in Hot Pants absolvieren, nachdem wir bei dem Delphoí-Ausflug gesehen hatten, daß auch andere Kolleginnen so angezogen waren und ich keine mitgebracht hatte. „Aber ich bin doch um einiges älter als die — die waren wohl noch Studentinnen!“ versuchte ich Siggis Ansinnen abzuwehren, denn ich fürchtete, wenn wir vielleicht auch eine Kirche besichtigen würden, müßte ich blöde draußen warten. Aber Siggi gab kein Pardon: „Du hast doch die viel schönere Figur!“ und gab mir einen herzlichen Kuß — auf offener Straße, auf der sicher auch noch andere Tagungsteilnehmer waren.

So setzte mich Siggi psychologisch außer Gefecht, wir betraten den Laden, und schnell hatte ich ein passendes, nicht gar zu knappes und auch Siggi gefallendes Stück gefunden.

Wir unterhielten uns lange beim Abendessen über unsere Interessen, Hobbies und sonst alles mögliche, und es wurde recht spät.

Als wir auf dem Campingplatz angelangt waren und Siggi die notwendigen Verrichtungen verrichtet hatte, zog ich die Pants noch einmal an, und — oh Schreck! — erst jetzt bemerkte ich so richtig die zwei sich deutlich abzeichnenden indiskreten Wülste zwischen meinen Beinen.

„Siggi“, sagte ich verzweifelt, „so kann ich doch nicht zu den heiligen Stätten gehen!“

„Das nennt man im Pornojargon ,Kamelfüße`“, belehrte mich Siggi in betont coolem Ton, „das sieht man bei vielen Frauen. „

„Na, wo du auf der Straße immer hinkuckst“, antwortete ich und musste doch lachen, „und deine Pornoerfahrungen scheinen ja auch nicht von schlechten Eltern zu sein!“

„Oder zieh morgen einen dicken Schlüpfer an!“

„Bei der Hitze!“

Als ich die Damendusche betrat, sah ich in einer der, wie gesagt, offenen Kabinen ein junges Pärchen in dichten Nebelschwaden knutschen.

Ich nahm eine Kabine am anderen Ende der Reihe, und bald kam, wie auch an den Vortagen, Siggi vorsichtig zu den Damenduschen, um mich zu beobachten, falls niemand sonst anwesend wäre. Es war heute niemand da außer dem Pärchen. Siggi erkannte die Situation sofort, streifte seine Badehose ab und stellte sich zu mir unter die Dusche.

„Warum ziehst du denn die Badehose aus? Du kannst doch auch in ihr duschen!“

„Melanie, tu doch nicht so, als ob du nicht — du hast ja auch deinen Bikini ausgezogen, damit er nicht naß wird.

Die Situation und die Gefahr, erwischt zu werden, heizten Siggi so auf, daß, kaum hatte er sich's versehen, sein kurzes dickes Liebeswerkzeug stand. Wir begannen auch zu knutschen, der freche Siggi faßte mir — ohne mich zu fragen! — in den Schritt, wir drehten die Dusche auf so warm, daß es eben gerade noch auszuhalten war, um Nebelschwaden zu erzeugen, und Siggi lehnte mich an die Wand und nahm mich mit zarter Kraft.

Danach knutschten wir noch ein wenig, dann gab ich Siggi einen freundschaftlichen Klaps auf den Po und sagte:

„So, nun sieh, wie du hier rauskommst! Das war's für heute!“

„Dies giltet doch nicht!“,sagte Siggi mit enttäuschter Stimme in nachgemachtem Kinderjargon.

„Wieso giltet das nicht? Giltet es denn nur in unserer Liebeslaube?“

„Ja, nur das giltet!“

Damit hatte Siggi seine Badehose wieder angezogen und schlich sich aus dem Damenduschraum.

Als ich bald darauf aus der Kabine trat, um mich abzutrocknen, da erst bemerkte ich, daß das junge Pärchen immer noch da war. Es hatte wohl alles mitgehört, und ich glaubte, aus ihrem Getuschel deutsche Worte zu hören!

Auf dem Bett liebten wir uns heute noch einmal, das heißt, es gelang uns, solange wachzubleiben, dann aber schliefen wir eng umschlungen ein — und verschliefen die Abfahrt des Busses nach Olympia.

In Windeseile machten wir uns startklar und frühstückten; dann fuhren wir dem Autobus hinterher. Wir holten ihn schon im übernächsten Dorf ein, denn seine Abfahrt hatte sich verspätet. Wir konnten ihn zum Anhalten bewegen, parkten irgendwo das Wohnmobil und stiegen in den Bus. Ein Raunen erklang von den Männern, als ich in meinen Pants den Bus betrat, was Siggi zu einem stolzen Lächeln veranlaßte. Ich war bei diesem Ausflug die einzige Frau in kurzen Pants: Von den zwei Mutigen vom Delphoí-Ausflug war eine heute nicht dabei, und die andere hatte ihr Mut verlassen.

Mit hängender Zunge absolvierten wir das Besichtigungsprogramm in den staubigen Ruinen, aber ich ließ es mir nicht nehmen, im antiken Stadium einmal hin- und herzulaufen. Siggi leistete mir dabei pustend Gesellschaft, und wir wurden von den übrigen Kollegen restlos bewundert. Aber es ist ja auch für einen Griechischlehrer etwas ganz besonderes, einmal am Originalort zweimal ein Stadion zu laufen. Bei den Kollegen, die an diesem Ausflug teilnahmen, sind wir durch diesen Lauf und nicht durch unseren Vortrag international berühmt geworden.

Beim Mittagessen saßen wir wieder mit Siggis netten englischen Kollegen zusammen, und einer von ihnen mußte es doch loswerden:

„Eigentlich hättet ihr nackt laufen müssen, wenn es original sein sollte, und du als Mädchen“ — Mädchen! — „hättest nur in Sparta laufen dürfen!“

„,Schenkelzeigerinnen` heißen die spartanischen Mädchen deshalb bei Aristophanes“, antwortete ich. Aber das wußten diese losen Herrschaften natürlich schon.

Was blieb noch von der Tagung? Na ja, zunächst die Rückfahrt von Olympia.

Es war schon recht dunkel, als wir abfuhren, und wir fuhren in die Nacht hinein. Das benutzte Siggi, um fortwährend an meinen Wanderbeinen zu spielen.

„Laß das doch bis später, Siggi“, flüsterte ich ihm zu, „sonst kannst du nachher wieder nicht aussteigen!“

Aber es nützte nichts.

Und noch zwei heiße Liebesnächte. Dazwischen der letzte Kongreßtag: vormittags Vorträge, darunter eine besonders interessanter von einer internationalen Kapazität, die erst jetzt einfliegen konnte, und am Abend der Abschiedsempfang und Tanz.

Wir saßen mit Siggi wieder mit seinen englischen Kollegen zusammen, und besonders lieb war mein Beinebefingerer vom vorigen Empfang: Er kaufte von einem Blumenverkäufer, der durch den Saal ging, eine dunkelrote Rose und überreichte sie mir mit vielen Entschuldigungen. An diesem Abend war er lustig und unterhaltsam und blieb nüchtern.

So verlief der letzte Abend der Tagung lustig und harmonisch, dem Retsina wurde gerade so viel zugesprochen, daß wir noch fahrtüchtig blieben, keinen Kater am nächsten Morgen befürchten mußten und keinen Unsinn redeten.

Mit den englischen Kollegen tauschte ich Adressen beziehungsweise Visitenkarten aus, wir tranken Brüderschaft (für eventuelle Unterhaltungen auf deutsch oder französisch) und verabschiedeten uns nach unserer Schätzung um zwölf, objektiv aber um halb drei — wie schnell doch die Zeit in lustiger Runde vergeht!

Auf dem Campingplatz duschten wir nur noch flink, vertagten das Packen auf den Morgen und verbrachten eine schöne Liebesnacht mit nichts anderem als gemeinsamem langem tiefem Schlaf.

Auch am Morgen waren wir faul, ich jedenfalls, und statt meinen Koffer „richtig“ zu packen, nutzte ich den Hängeschrank im Mobil aus, in den unsere guten Sachen nur noch sehr gequetscht hineinpaßten.

Also stand später zu Hause eine Bügelorgie ins Haus, aber das verdrängte ich erstmal.

Wegen des späten Aufstehens kamen wir nicht mehr wie geplant bis nahe an die bulgarische Grenze, sondern nur wenig über Athen hinaus. Aber der campinggewohnte Siggi hatte einen Südeuropa-Campingführer, und so fanden wir rechtzeitig einen gemütlichen schattigen Platz, nur die Klos ließen doch sehr zu wünschen übrig, und so zwängten wir uns aufs Porta-Potti.

Also wollten wir am nächsten Tag bis an die Donau rasen, was uns aber wegen des langen Aufenthaltes an der bulgarischen Grenze nicht ganz gelang.

So unterließen wir auch einen eigentlich geplanten Umweg über die bulgarische Schwarzmeerküste. Am Tag darauf überquerten wir die Donau nicht auf der Brücke von Russe nach Giurgiu, weil dort der gesamte LKW-Verkehr in die Türkei verliefe, wie Siggi zu wissen meinte, sondern romantisch mit der Fähre von Silistra nach Calarasss. Dies hat auch prima geklappt, dann aber wieder eine etwas langwierige Zoll- und Visumprozedur, und dann durch die tischebene Baaaraaagan-Ebene nach Bukarest. In einem der letzten Dörfer versuchte ich noch einmal beim in Rumänien in jedem Dorf vorhandenen Telephonamt, meine Familie Raaadulescu anzurufen, und es war die Frau am Apparat.

„Großartig, daß Sie kommen, Frau Knaack“, und keine Rede vom Übernachten auf dem Campingplatz, „natürlich bei uns, es ist zwar eng — auf Matratzen auf dem Boden des Wohnzimmers — natürlich auch Ihr Bekannter — das kriegen wir schon hin — auf keinen Fall Campingplatz, der ist ja auch ganz weit draußen. „

Dann beschrieb mir Frau Raaadulescu noch ausführlich die zwölf Stellen, wo wir nach rechts oder links abbiegen mußten.

Wir kauften uns dann doch lieber an einer Tankstelle einen Stadtplan, fanden die Straße darauf und dann auch in natura. Nirgends war zwischen den Blocks ein freier Platz zu entdecken, aber Herr Raaadulescu wartete schon auf der Straße auf uns (wie lange wohl schon?), und als er unser Wohnmobil nahen sah, winkte er uns wild gestikulierend zu sich und lotste uns dann doch auf einen geeigneten Platz; wie er uns später sagte, hatte er sein eigenes Auto irgendwo anders geparkt, damit wir eine freie Lücke fänden.

Es war ein fröhlicher Abend mit lebhafter Unterhaltung über alles und jedes, über Hamburg und Deutschland, über Bukarest und Rumänien, natürlich über die Revolution Weihnachten 1989, über die Tagung …

Rührend war, wie die Raaadulescus unserem etwas intimeren Verhältnis — das ihnen wohl nicht verborgen geblieben war — Rechnung trugen, indem sie den Tisch im Wohnzimmer an eine Seite rückten und die zwei Matratzen unmittelbar nebeneinander legten, anstatt sie einfachheitshalber für die eine Nacht auf den zwei gegenüberliegenden Seiten des Tisches zu plazieren.

Allerdings nutzten wir dies doch nicht richtig aus — mit den Raaadulescus im Nebenzimmer.

Am nächsten Tag fuhren wir wie geplant bis in den Nordosten Ungarns und hatten deswegen nur wenig Zeit, uns, wenn nicht auch Kronstadt und Klausenburg, so doch wenigstens Hermannstadt etwas anzusehen.

Zwischen Hermannstadt und Klausenburg passierte es, daß Siggi plötzlich mitten in der Landschaft anhielt und mir zurief:

„Sieh da nicht hin, Melanie!“

Weit und breit war nur Weideland zu sehen, durch das sich das Asphaltband der Nationalstraße zog.

Verstreut auf den Weiden sah man einige Tiere, viele Pferde, einige Kühe, in der Ferne eine Schafherde. Es dauerte eine Weile, bis ich merkte, warum Siggi angehalten hatte: nicht wegen einer Panne, nein: Nicht weit von der Straße entfernt bemühte sich ein Hengst, ein kleines Fohlen zu machen.

„Interessiert dich das so?“, fragte ich gelangweilt, denn ich hatte meinen mittäglichen Tagestiefpunkt und hatte auf den letzten Kilometern nur vor mich hingedöst.

„Ja, das muß ich dir gleich erklären. „

„Da bin ich ja riesig gespannt. „

Aber aus Sympathie mit Siggi beobachtete ich die beiden Tiere dann auch, bis der Hengst schließlich von seiner Stute ließ und sein Glied fast bis auf den Boden baumelte. Siggi fuhr keineswegs weiter, sondern wir konnten beobachten, wie das baumelnde Ding allmählich kürzer wurde, unter dem Bauch des Tieres verschwand und die gerade beglückte Stute sich wieder ans Fressen begab.

„,Schlauch` nennt man das bei Pferden“, klärte mich Siggi währenddessen auf.

„Das hab ich, glaub ich, schon irgendwie mal gehört“, antwortete ich wenig begeistert.

Als nichts Aufregendes mehr zu erwarten war, setzte Siggi das Wohnmobil endlich wieder in Bewegung und begann zu erzählen:

„Ich weiß nicht, ob ich dir schon erzählt hab, daß ich als Junge in den großen Ferien eigentlich immer bei einem Onkel auf seinem Bauernhof war.

Urlaubsreisen konnten sich meine Eltern damals nicht leisten. Ich muß so etwa dreizehn gewesen sein, als ich als Spanner erwischt wurde, als nämlich mein Onkel seinen Eber eine seiner Sauen bespringen ließ. Ich wußte ja schon in großen Zügen Bescheid, wie das ging bei den Menschen, aber ich war doch tief beeindruckt, wie die beiden massigen Tiere das machten, der lange dünne Penis des Ebers, wie der den Eingang fand, den man kaum sieht — das werde ich nie verstehen –„

„Wahrscheinlich rein instinktiv — ist doch bei dir genauso“, sagte ich leicht gelangweilt.

„Aber du mußt doch auch oft helfen –„

„Das mach ich wahrscheinlich auch rein instinktiv. „

„Als pubertierender Junge, bevor mein Sexleben anfing, hab ich immer gedacht, ein richtiger Mann müsse das Löchlein von allein finden, aber als ich dann Erfahrungen sammelte –„

„– da hast du dir auch gern helfen lassen. Das müßtet ihr Jungs eigentlich im Sexkunde-Unterricht beigebracht kriegen: ,Sich beim Penetrieren von der Partnerin die Richtung zeigen zu lassen, ist nicht ehrenrührig` oder so.

„Was du wieder für Ausdrücke hast — ,penetrieren` — aber das wollte ich gar nicht erzählen –„

„– sondern?“

„Also weiter: Aufgesprungen arbeitete der Eber heftig, aber nicht lange, sprang ab und zog den Schwanz, das heißt den Penis, wieder ein. Mein Onkel hatte mich aber hinter einem Busch bemerkt, und als alles fertig war, zog er mich aus meinem Versteck, und ich hatte furchtbare Angst, daß er mich ausschimpfen würde.

Aber nichts dergleichen, er lachte nur, fand wohl zu recht, daß das Decken von Säuen nichts Unanständiges und Schlechtes ist, und sagte nur:

,Das nächste Mal kannst du wieder zusehen. Das mußt du lernen, wenn du mal Bauer werden willst. `

Bauer werden wollte ich nun nicht, aber ich habe dann noch öfters Onkels Eber mit seinen Sauen zusehen dürfen. Andere Tiere hab ich nie beobachten können, seine Kühe ließ mein Onkel besamen, und Pferde hatten wir nicht.

Aber ich muß gestehen, ich sehe immer noch Tieren beim Akt zu, nur sieht man das ja so selten, eigentlich nie, jedenfalls in Deutschland, die Tiere werden ja alle sozusagen künstlich befruchtet. Hast du nie so was beobachtet?“

„Nie“, antwortete ich.

„Auch nicht bei Hunden?“

„Auch nicht bei Hunden. „

„Ja, in unseren gutbürgerlichen Wohnvierteln bumsen ja nicht einmal die Hunde auf der Straße.

„Und wenn du sagst, die Tiere werden besamt, wie kann man denn den Bullen und Hengsten einen runterholen? Die Viecher werden sich doch dabei nicht gerade friedlich benehmen?“

„Ich weiß es auch nicht genau, aber ich hab gehört oder gelesen, in den speziellen Anstalten, wo das geschieht, gaukelt man den Hengsten mit Geruchsstoffen eine rossige Stute vor, läßt sie irgendwie springen und fängt das Ejakulat auf. „

„Ich kann dem Anblick, ehrlich gesagt, nicht viel abgewinnen“, sagte ich nach einer Pause, „aber wenn du bei so was gerne zuguckst, dann halt gerne wieder an!“

„Danke, Melanie, aber man sieht das ja selbst hier fast nie.

Und nach einer weiteren Pause fragte ich vorsichtig:

„Du bist nicht am Ende ein bißchen Sodomist?“

„Nein, Melanie, absolut nicht“, antwortete Siggi lachend, „da kann ich dich völlig beruhigen. — Aber da fällt mit ein Witz ein, den ich mal im Plaboy gelesen hab. — Liest du den auch manchmal?“

„Eigentlich nie. — Gibt es eigentlich auch was Entsprechendes für Frauen?“

„Ja, das Playgirl mit nackten Männern.

— Also der Witz: Das Mutterschaf und sein Lamm stehen auf der Wiese. Fragt das Lamm: ,Mama, was ist eigentlich Sodomie?` Antwortet die Mama: ,Das ist, wenn man es mit Menschen macht. ` — Übrigens: Im Playboy stehen manchmal wirklich gute Beiträge von bekannten Journalisten, es lohnt sich, ihn manchmal zu lesen. „

„Und natürlich die nackten Mädchen. „

„Oft gar nicht ganz nackt, und nach meinem Geschmack viel zu mager.

Du bist viel schöner als die meisten –„

„Aber manche sind doch schöner als ich –„

„Fast keine — eigentlich überhaupt keine von diesen hochglanzgeleckten Weibsen. „

Damit warf mir Siggi beim Fahren eine Kußhand zu, und ich beugte mich zu ihm und gab ihm einen Kuß, denn ich hatte den Eindruck, daß Siggi sich noch nicht ganz sicher war, ob ich ihm seinen voyeuristischen Ausflug ins Tierreich ganz verziehen hatte.

Der nächste Tag sollte uns bis Krakau bringen, aber ganz so weit schafften wir es wegen der zwei Grenzen nicht. Kurz vor der polnischen Grenze stellte ich durch einen Blick auf die Karte fest, daß der von Siggi ausgesuchte Grenzübergang von der Slowakei nach Polen über den bekannten Dukla-Paß führte; das hätten die Herausgeber der Autokarte auch etwas größer schreiben können!

Leider hatte Siggi nur den Campingführer für Südeuropa, und Polen zählten die Herausgeber schon zum Norden.

So mußten wir selbst nach einem Campingplatz fragen, aber da „Camping“ ja ein international verstandenes Wort ist, hatten wir keine große Mühe, nahe einem noch in den Beskiden gelegenen Dorf einen gemütlichen Platz zu finden. Hier gab es zum ersten Mal verschließbare Duschkabinen, was Siggi gleich bemerkte; er leistete mir in meiner Kabine Gesellschaft, und wir halfen uns beim Einseifen, Abspülen und Sonstigem.

Am nächsten Tag sahen wir uns auf der kurzen Strecke nach Krakau Bochnia und andere kleine Städtchen an, alle gemütlich, tadellos restauriert und in der Mitte mit einem für diese Weltgegend typischen riesengroßen Marktplatz.

Auf dem Krakauer Campingplatz hatte uns die Zivilisation wieder. Er war sehr gut ausgestattet und auch sauber, aber er war fast voll besetzt, und es lief merkwürdiges Volk herum, zwielichtige Gestalten, die uns Uhren, mir BHs und Siggi weibliche (!) Reizwäsche anboten, und noch zwielichtigere Gestalten, die nichts anboten, sondern eher etwas zu suchen schienen. Hier wollten wir zweimal übernachten, und am Tag dazwischen Krakau und vor allem Auschwitz besuchen.

Der Rundgang durch das Konzentrationslager Birkenau schlug uns sehr aufs Gemüt, auch Siggi kamen die Tränen, wie ich ihm auch die polnischen erklärenden Texte versuchte zu übersetzen. „Sechs Millionen …“ sprach er immer wieder vor sich hin. Am Ausgang legte er sich mit einem Buchverkäufer an, der auf seinem Stand ein Buch auf polnisch und deutsch verkaufte, das vorrechnete, in Auschwitz seinen viel, viel weniger Juden umgebracht worden als inzwischen allgemein anerkannt.

Siggi konnte es nicht fassen, daß sie hier „solchen Schund“ verkaufen dürfen. Zu Abend aßen wir schweigend in einem Nobelrestaurant (angeblich aus dem 14. Jahrhundert) am Krakauer Marktplatz, und abends im Wohnmobil sahen wir mit Siggi einen polnischen Bildband über Auschwitz an, den ich mir gekauft hatte und aus dem ich Siggi die Bildunterschriften übersetzte, soweit mir das ohne Wörterbuch gelang.

Am nächsten Tag wollten wir bis Stettin kommen, und dann am Tag darauf nach Greifswald rüberfahren.

Weil wir uns aber beim Besichtigen von Breslau und Posen zu lange aufhielten, schafften wir es nur bis Schwerin an der Warthe. Der Campingplatz war klein, gemütlich und tadellos sauber, aber im Postamt des Städtchens gelang es nicht, eine Verbindung mit dem weniger als 100 Kilometer entfernten Greifswald herzustellen. Bisher hatte Siggi seine Tochter Hildegard wohlweislich noch nicht angerufen, da er nicht genau wußte, wieviele Tage wir auf dem Weg zubringen würden. Es kam auch nicht darauf an, denn es waren ja Ferien.

So konnten wir nur hoffen, daß wir sie am folgenden Tag zu Hause antreffen würden. Dafür kaufte ich mir in einem sehr dörflich anmutenden Gemischtwarenladen für wenig Geld einen soliden kleinen Koffer, damit ich meine mitgebrachten und die in Griechenland gekauften Kleider nicht zu sehr stopfen mußte.

In dieser unserer, wie wir meinten, letzten Nacht im Wohnmobil liebten wir uns zart und innig. Am Morgen drängte Siggi in aller Herrgottsfrühe zum Aufbruch, um von irgendwo seine Tochter anzurufen.

Das gelang ihm schon bei der nächsten Tankstelle mit öffentlichem Telephon, und als er aus der Zelle kam, sagte er:

„Komm, Melanie, machen wir schnell. Hildegard erwartet mich, und sie will mir was wichtiges sagen. „

„Wahrscheinlich kriegt sie ein Kind! — Hast du ihr auch von mir erzählt?“

„Ja, hab ich, aber sie ist nicht darauf eingegangen. „

„Aber du hast gesagt, sie ist darüber aufgeklärt, daß du manchmal –„

„Das sagte ich ja schon, aber so lange und auf einer ganzen Reise war ich noch nie mit einem fremden Weibe.

“ ,Mit einem fremden Weibe`, wo hast du den diesen Spruch her, du fremder Herr?“

„Ist mir eben so eingefallen. „

„Kommen dir Skrupel?“

„Eigentlich nicht — aber jetzt, wo wir uns trennen müssen — ich glaube, ich könnte nicht auf die Dauer so ein Doppelleben führen wie du. „

„Es zwingt dich ja auch keiner. Ich jedenfalls danke dir ganz herzlich für die Gelegenheit zu dieser schönen Reise, und überhaupt für alles.

Und hab ihm einen herzhaften Kuß.

In Greifswald fanden wir Hildegards Wohnung auf Anhieb. Hildegard und ihr Freund Dirk fielen Siggi um den Hals, auch mich begrüßte Dirk sehr freundlich, Hildegard aber sehr reserviert.

„Du wolltest mir was Wichtiges sagen!?“ fragte Siggi seine Tochter, nachdem wir uns frischgemacht hatten und die ersten Fragen nach dem „Wie geht es dir? Wie geht es Mama? Wie geht es Tante …, Onkel …? — Was macht das Studium?“ beantwortet waren.

„Papa, ich krieg ein Kind, ich bin im zweiten Monat!“

„Gratuliere!“ rief ich; das wurde aber von Hildegard nicht beachtet.

„Ist das nicht etwas früh?“ fragte Siggi vorsichtig.

„Aber Papa, als ich den ersten Freund hatte, da hast du gleich gefragt, wann du ein Enkelchen bekommst, und ich sagte, ich nehme die Pille, und du hast enttäuscht gemault: ,Mit achtzehn und schon die Pille.

` Und jetzt hab ich den Dirk, und wir wollen demnächst heiraten, und du kriegst ein Enkelchen. Wie man's macht, macht man's verkehrt!“

„Ich freu mich doch auch, Hilde! Ich meine ja bloß — wann hast du das überhaupt erfahren? — weiß Mama schon davon?“

„Ja, natürlich! Ich war letzte Woche beim Arzt. Wir kommen euch demnächst besuchen und besprechen die Hochzeit. — Und was macht Frau Knaack?“

„Melanie ist eine Kollegin aus Hamburg, die ich morgen da absetze, und ohne sie wär ich längst nicht so gut durch Polen gekommen, die kann nämlich etwas Polnisch, und in Auschwitz hätte ich kaum etwas verstanden.

„Ihr“ — Ihr! — „Ihr wart auch in Auschwitz? Da müßt ihr nach dem Essen von erzählen!“

Dieses Thema interessierte beide jungen Leute sehr, und nach dem einfachen Essen saßen wir um den Tisch, und ich mußte Siggi, vor allem aber Hildegard und Dirk, jede Bildunterschrift übersetzen. Dirk wurde sogar in die nahegelegene Universitätsbuchhandlung geschickt, um ein Polnisch-Deutsches Wörterbuch zu kaufen.

Als es aber ans Schlafengehen ging, gab es natürlich keine rumänische Gastfreundschaft.

Obwohl jetzt auch Hildegard freundlich zu mir war und mich „Melanie“ nannte, hatten wir ja unser Wohnmobil. Da es schon nach zehn Uhr abends war, hatte der Campingplatz wahrscheinlich schon geschlossen, und so schliefen wir auf der Straße. Es war das erste Mal auf unserer Reise, daß wir ungeduscht zu Bett gingen. Auf der Straße trauten wir uns auch nicht zu intimeren Spielen, und so hielten wir „nur“ Händchen.

„Wir Ehebrecher“, begann Siggi nach einiger Zeit, „es ist doch Wahnsinn, was mir machen, es hat doch keine Zukunft.

„Hat es nicht? Was überkommt dich jetzt so plötzlich? Du hast doch gesagt, wir könnten in fünf Jahren zusammen nach Salamanca fahren. Und wir sind jetzt ein Stück unseres Lebensweges zusammen gegangen, haben uns lieb gehabt und haben niemandem wirklich etwas Böses getan. Und wenn wir alt sind, haben wir eine schöne Erinnerung mehr. „

„So siehst du das?“

„Ja, so sehe ich das.

„Mit allen deinen Affären?“

„Eigentlich ja. Dieter stört es schon lange nicht mehr, wenn ich länger von zu Hause wegbleibe, und Otto kann mal einen Sonntag mehr auf mich verzichten. — Du willst ja schon wieder was!“ wie ich durch ein zartes Streicheln in Siggis Bauchbereich feststellen mußte.

„Hier auf der belebten Straße ist es vielleicht nicht so gut. „

„Da hast du recht.

Soll ich dir vielleicht einen runterholen, sonst kannst du wahrscheinlich nicht einschlafen. „

„Oh ja, das wäre lieb von dir, ich kann das Pyjama ja morgen in Marburg waschen. „

„Das brauchst du vielleicht gar nicht!“ Sprach's, beugte mich über Siggi, bearbeitete seinen kurzen, dicken Liebesknüppel mit der Zunge und ließ ihn in meinen Mund spritzen.

„So, nun schlaf, morgen hast du noch einen weiten Weg vor dir!“

„Danke, Melanie, daß du mich von diesem Druck befreit hast — soll ich dich auch?“

„Laß mal, ist nicht so nötig!“

„Und Melanie — wenn ich dich bitten darf — zeigst du mir morgen deine Waldwiese — die liegt doch auf dem Weg von hier!?“

„Du bist ja unersättlich.

Es ist doch nicht das letzte Mal, daß du eine Frau lieben kannst. Du hast doch gesagt, mit deiner Herta stehst du gut, sie ist sehr schön, hast du gesagt, und morgen abend nach der langen Abwesenheit solltest du vielleicht –„

„Bitte, Melanie!“

„Na ja, mal sehen, wenn wir früh genug losfahren. „

Natürlich drängte Siggi darauf, möglichst früh aufzubrechen, aber ein gutes Frühstück mit Hildegard und Dirk ließ er sich doch nicht entgehen.

Nach innigen Abschiedsumarmungen von Vater und Tochter: „Dann bis bald in Marburg“ und freundlicher Verabschiedung von mir: „Auch Ihnen alles Gute, Frau Melanie, und vielen Dank für die Übersetzungen“ rasten wir los durchs Vorpommersche und Mecklenburgische. Es war ein schöner Sommertag, natürlich nicht ganz so warm wie in Griechenland, aber um die wahrscheinlich vollere Küstenstraße zu meiden, fuhren wir durchs Landesinnere über Teterow, Güstrow, Schwerin und Ratzeburg. Ich mußte mit dem lieben Siggi handeln, was wir besichtigen sollten: die mittelalterliche Kirche in Teterow, das Barlach-Museum in Güstrow, Stadt und Schloß in Schwerin oder den Ratzeburger Dom — alle diese Sehenswürdigkeiten kannte auch ich nicht außer dem Dom — und die Wahl fiel auf Barlach.

„Du hast es doch näher, du kannst doch eigentlich jeden Tag hierher fahren, aber ich von Marburg –“ meinte Siggi und hatte ja eigentlich auch Recht. Auch wollte er ja heute noch nach Marburg fahren.

Und so kamen wir passend über den östlichen Sachsenwald in Richtung Hamburg. „Wir müssen aber den weiteren Weg zur Waldwiese in Kauf nehmen, der nähere ist manchmal matschig, und da bleiben wir mit dem Wohnmobil und seinem Hinterradantrieb stecken!“, gab ich zu bedenken.

„Es wird schon gehen! Sieh, die Wege sind doch alle trocken! Und zur Not sind wir ja zu zweit zum Schieben. „

Wir blieben auch tatsächlich nicht stecken, jedenfalls bei der Anfahrt. Siggi parkte das Mobil auf einem Grasplatz, und ich zog mir schnell meine griechischen Pants an. Mit denen ging ich auf dem Weg zur Wiese, die Hüften schwingend, vor Siggi her. Ich bin wohl wirklich eine kleine Hexe: Ich wollte den Siggi schon noch einmal richtig scharf machen! Und so fielen wir auf der Wiese voller Verlangen quasi übereinander her und stillten unsere Lust.

Kaum daß wir uns verpustet hatten, zeigte sich Siggi wieder in voller Erregung. „Du bist ja seit gestern völlig unersättlich. Was ist mit Dir? Hast du was genommen? Kann das normal sein?“

„Ein wie kleines Mädchen bist du eigentlich noch, Melanie? Das ist doch normal bei einem gesunden Mann. Nach dem, was du erzählt hast, kennst du das doch!“

„Klar kenne ich das, aber nicht von sooooo alten Männern! Aber erstmal etwas Bewegung!“

Ich sprang auf die Beine und begann um die Wiese zu laufen; Siggi hinterher: Wir spielten Kriegen wie die kleinen Kinder, Siegfried mit aufgepflanztem Bajonett, ein Anblick für die Götter.

Schließlich holte mich Siggi doch nach mehreren Runden um die Wiese ein, schmiß mich ins Gras und rammte mich wie wahnsinnig — aber nur ganz kurz, dann setzte er sein Tun langsam und zärtlich fort — eines meiner allerschönsten Liebeserlebnisse.

Wir ruhten noch eine Weile, einfach so nebeneinander im Gras ohne Decke darunter, die Ameisen krabbelten uns überallhin und kitzelten uns. Als es begann, kühler zu werden, zogen wir uns an und gingen wieder zum Wohnmobil.

Ich zog mich wieder zivil an, Siggi blieb auch bei der Rückfahrt aus dem Wald nicht stecken, und wir fuhren zum Flughafen. Dort feierten wir im Café unseren endgültigen Abschied — für diesmal!

Erst als die Chartermaschine aus Athen landete, auf die wir gewartet hatten, fiel es Siggi ein:

„Du, Melanie, wir hätten dieses Theater mit dem Flughafen und der Maschine aus Athen doch gar nicht zu machen brauchen — du hast doch Dieter erzählt, daß du mit einem Mann angereist kommst!“

„Ach ja, richtig — wie blöd von uns — aber egal — fahr ich jetzt eben doch von hier mit einem Taxi nach Hause.

„Oder soll ich dich hinbringen?“

„Nein, nicht nötig, es ist vielleicht doch besser mit einem Taxi!“

Und so setzte mich Siggi in ein Taxi. „Tschüs bis Salamanca!“ rief er mir zu allerletzt zu, als ob es morgen wäre.

„Wenn wir bis dahin nicht was anderes haben! — Tschüs, und gute Heimfahrt — und grüß auch Herta unbekannterweise!“

Der Taxifahrer wunderte sich etwas ob diesem Dialog, fuhr mich aber ohne indiskrete Bemerkungen nach Hause.

Dort wartete schon Dieter, den ich vorher kurz angerufen hatte, bezahlte den sich noch mehr wundernden und dann grinsenden Taxifahrer und trug meine beiden Koffer ins Haus.

„Du bist doch nur mit einem Koffer weggefahren“, sagte er, „du hast dir wohl in Griechenland Kleider gekauft?“

„Genau, Dieter!“

„Und wie war es in Griechenland, auf der Tagung, auf der Reise durch Polen?“

„Das ist eine lange Geschichte, die erzähl ich dir nach und nach!“.

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