Die Brautentführung – Silvias Rache

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Ich war seit mehr als acht Jahren nicht in dem Ort, in dem ich aufgewachsen bin. Nach meinem Abi studierte ich und bekam danach in dem ca. 500 km entfernten Kiel eine Anstellung. Auch meine Mutter hatte den Ort verlassen. Sie führte zu dem Zeitpunkt schon eine längere Fernbeziehung, wollte aber nur noch abwarten, bis ich mein Abi gemacht hatte, um dann zu ihrem Freund zuziehen. Darum hatte ich auch keinen wirklichen Grund, mich mal wieder dort sehen zu lassen.

Vor einigen Wochen bekam ich dann doch überraschend eine Einladung, zur Hochzeit von Engelbert Straus zu kommen. Mit ihm hatte ich zusammen mein Abitur gebastelt. Auf Nachfrage erfuhr ich, dass er Alle aus seiner Abi-Klasse zu diesem Anlass eingeladen hatte. Darum freute ich mich eigentlich mehr darauf, die alte Clique wieder zu treffen.

Engelbert war nicht grade der beliebteste in unserer Clique, aber man kam nicht an ihm vorbei.

Seinem Vater gehörte das größte Hotel im Ort, welches dessen Bruder leitete. Außerdem hatte er eine Baufirma mit Architekturbüro, bei dem ein Großteil der Bewohner arbeitete. Aber das alles Endscheidende war, dass er auch Bürgermeister seit vielen Jahren war, und diesen Posten schon als sein Erbrecht betrachtete. Keiner kam wirklich an der Familie Straus vorbei.

Engelbert war auch kein guter Schüler und nur mit dem Einfluss seines Vaters und dem Zudrücken von mehreren Augen der Lehrer, schaffte er sein Abi.

An einer Privat-Uni machte er dann ein BWL-Studium, mehr schlecht als recht.

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Mit seiner Überheblichkeit hatte er sich nicht grade Freunde geschaffen, aber das ignorierte er einfach. Mit der Kohle von seinem Alten und dessen Einfluss, nahm er sich alle Freiheiten heraus, die er wollte. Einige gaben sich mit ihm nur ab, weil er sie aushielt. Sie heuchelten ihm Freundschaft vor, weil sie sich einen Vorteil versprachen.

Der Teil, zu dem ich auch gehörte, ließen sich nicht von ihm einlullen. Aber ihm ganz aus dem Weg zu gehen, war auch nicht möglich, da er immer und überall den Anspruch stellte, Mittelpunkt zu sein.

Also eigentlich – damals – ein Widerling. Darum interessierte mich seine Hochzeit nur am Rande. Wichtiger für mich war, die alten Klassenkameraden wieder zu treffen. Darum hatte ich mich auch entschlossen, eine Woche Urlaub zu nehmen, um hinzufahren.

Er hatte dafür gesorgt, dass ich ein Zimmer für die Zeit bei seinem Onkel im Hotel bekomme. Ich war am Freitag schon gegen Mittag angereist, weil ja am Abend der Polterabend stattfinden sollte. Aber bis zum Beginn der Feier hatte ich noch keinen der alten Kumpels getroffen.

Als ich auf dem Fest auftauchte, erkannte ich dann doch einige wieder. Die Feier nahm den üblichen Verlauf. Irgendwann stellte mich Engelbert auch seiner Zukünftigen vor.

Wie tauschten die üblichen Höflichkeiten aus, und ich musterte das Paar. Engelbert hatte auch schon ganz schön „Hüftgold“ angesetzt, genauso wie sein Alter es schon immer hatte. Er war immer noch so ein schmieriger Typ wie damals.

Dazu passte gar nicht seine Zukünftige. Das Mädel war grade mal Anfang 20 und hatte eine unbekümmerte, fröhliche Art; sah fantastisch aus mit ihren dunkelblonden Haaren und der weiblichen Figur. Alles an den richtigen Stelle und sehr ausreichend.

Einfach ein Hingucker. Wie kommt der Idiot nur an so eine heiße Braut?

Die Feier nahm weiter ihren Verlauf, ich schüttelte viele Hände, und wir gaben gegenseitig Auskünfte über das Geschehen in den letzten Jahren. Aber zum Ende hin sammelte sich wieder die alte Clique um einen Stehtisch.

Da war Herbert, einer meiner besten Freunde damals. Er wohnte auch nicht mehr in diesem Ort, hatte sich aber bei seinen Eltern einquartiert.

Er war dabei, Kariere in einer Bank zu machen.

Peter hatte Architektur Studiert und arbeitete jetzt in der Firma von Engelberts Vater. Darum konnte er uns auch Hintergrundinformationen über die Braut liefern. Sie ist bis vor Kurzem auf einem Schweizer Internat gewesen. Sein Vater hatte sie ausgesucht, da er sie für seinen Sohn standesgemäß fand. Die Familie der Braut hatte wohl einen Titel, was den Alten wohl ins Schwärmen gebracht hatte.

Der war anscheinend der Meinung, dass sie eine ideale Zuchtstute für seine Enkel/Erben sein würde.

Freudig überrascht war ich, als sich Silvia zu uns gesellte. Sie war schon in der Schule das begehrteste Mädel gewesen. Sie hatte noch fraulichere Formen bekommen, was ihr hervorragend stand. Wie sie uns gestand, hatte sie nach einer kurzen Ehe ein Kind, das jetzt von den Großeltern beaufsichtigt wurde. Aber irgendwie machte sie einen traurigen Eindruck.

Aber wir wollten nicht weiter in sie dringen, darum hakte keiner nach.

Der Einzige, der noch in unserem Kreis aus alten Schultagen fehlte, war Wolfgang. Er war nicht eingeladen worden. Aber darüber konnte uns Silvia aufklären. Nach dem er Engelbert einmal fürchterlich verprügelt hatte, ist er von der Schule geflogen. Darum konnte er sein Abi nicht fertig machen. Bei dem Rausschmiss hatte Engelberts Vater reichlich nachgeholfen. Seit dem war das Verhältnis zwischen Engelbert und ihm immer noch sehr angespannt.

Außer Silvia wusste von uns keiner, um was es in der Auseinandersetzung damals gegangen war.

Aber Silvia wusste, das Wolfgang eine Gaststätte etwas außerhalb betrieb. Sie hatte nicht den besten Ruf, weil sich dort die Biker aus der Umgegend trafen. Aber wir beschlossen, uns am nächsten Tag bei ihm zu treffen.

Es war spät geworden. Engelbert hatte sich richtig „die Kante gegeben“. Als er noch mal bei seinen alten Klassenkameraden vorbeischaute, konnte er sich kaum noch auf den Beinen halten.

Aus seinem unartikulierten Lallen wurde keiner so richtig schlau, als er Silvia ansprach. Aber dass es ihr unangenehm war, spürten Alle. Silvia lief dann auch mit Tränen in den Augen bald zum Ausgang und war verschwunden. Mit einer abfälligen Bemerkung hinter Silvia her torkelte er dann auch weiter.

Die Freunde sahen sich verwundert an, weil sie die Situation nicht verstehen konnten. Aber wir hofften mit Silvia am kommenden Abend in Ruhe reden zu können.

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