Die Schneiderin

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Er war neu in diesem Bezirk von Wien, der Betriebsrat hatte ihm diese Wohnung auf viel Bitten und Drängen zugewiesen. Ein Kollege hatte ihm den entscheidenden Tip gegeben. „Du in Wien Speising sind noch Wohnungen frei!“ sagte ihm Helmut eines Tages im Aufenthaltsraum des Bahnhofes, wo die Fahrer in den Pausen immer beinander saßen.

Wien-Speising, nicht gerade Liebe auf den ersten Blick. Die Häuser fast alle in dem typischen Schönbrunn-Gelb gehalten. Neben der Siedlung, aus der Gründerzeit riesige Gleiskörper-Anlagen, Teile der West-Bahn.

Schnellstraßen, Autobahnzubringer. Ausfallsstraßen. Speising hatte noch den Rest eines dörflichen Charakters. Ein Feuerwehrhaus, ein Postamt eine Gaststätte — Mischung aus Konditorei und Gasthaus, einen Elektrohändler, einen Fisch-Laden und einen Supermarkt und eine Trafik. Das war´s. Im Grunde komplett langweilig, er konnte ja nicht ahnen WAS er hier noch alles erleben würde.

Es war der erste Schritt in ein eigenes Leben und er würde alles daran setzen glücklich zu sein. Innerlich war er jedoch sehr unglücklich.

Beziehung, Sex, Freundin alles Fehlanzeige. Rundherum schienen alle glücklich, aber was hatte er? Eine kleine Wohnung und einen Job bei der Straßenbahn, und Freunde die auch alle glücklich waren.

Er wollte Leben endlich sein eigenes Leben führen. Er hatte eine Spanien-Reise geplant und wollte seine Kleider auf Vordermann bringen.

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Das Teil, das er zur Schneiderin brachte war eigentlich mehr ein sentimentales Anhängsel.

Eine abgewetzte Jeans Jacke, die ihn auf seinen Inter-Rail Touren überallhin mitbegleitete. Man konnte die Ärmel abnehmen durch einen Reißverschluss, was äußerst praktisch war, denn im nu hatte man ein Gilet mit Innentaschen, in denen man alles möglich unterbringen konnte.

Der Kragen war völlig kaputt und er wollte auch nur einmal wissen, ob man so ein Teil auch reparieren konnte. Er nahm eine alte abgeschnittene Levis Jeans mit, aus der er schon des öfteren Teile herausgeschnitten hatte.

Eventuell hatte die Schneiderei keinen Jeans Stoff?

Die Schneiderei lag zwischen einem Autohändler und einem Papierwaren-Fachgeschäft. Das Haus war alt, und als er eintrat klingelte ein kleines Glöckchen, das an der Tür hing. Der Holzboden knarrte etwas unter seinen Füßen. In dem etwas finsteren Raum saß eine etwa 40-jährige, kleine, blonde Schneiderin. Sie nähte gerade an einer großen Nähmaschine sitzend an einem Kleid.

„Kleinen Moment!“ sagte sie, ohne ihn anzusehen.

Es war Sommer und sie hatte einen weißen Arbeits-Kasack an, wie er von Krankenschwestern getragen wird an.

Die Ärmel waren frei und gaben den Blick frei auf wunderbar gebräunte Haut, in der die goldblonden Haare schimmerten. Sie erhob sich und kam lächelnd auf ihn zu. Das runde Gesicht war voll mit Sommersprossen. Einige Schweißperlen hatten sich auf ihrer Stirn und um den Haaransatz bei den Schläfen geformt.

Er holte die alte Jeansjacke aus seiner Umhängetasche und hielt sie ihr hin.

„Sehen sie, der Kragen…. und das Schulterteil, total kaputt.

Glauben Sie kann man das noch reparieren?“

Sie betrachtete das Teil.

„Ja sicher man kann alles richten, alles nur eine Frage von Zeit und Geld“, schmunzelte sie.

„Was kann das kosten?“ fragte er etwas schüchtern.

„Nun ja, schon so zwischen 30 und 50 Euro…hängt davon ab, vielleicht muss ich da auch noch die Reißverschlüsse der Ärmel rausnehmen und wieder einnähen, da sind auch noch ein paar schwierigere Nahtstellen…aber alles machbar“, gab sie ihm als Fachmännin zu verstehen.

Es war nicht wegen dem Geld, er hatte ja jetzt endlich Geld. Aber war es ihm das wirklich wert, den alten Fetzen für 50 Euro herrichten zu lassen? Sein Blick fiel auf ihr großes Dekolleté. Die Schneiderin war gut einen Kopf kleiner und er konnte mitten auf zwei große, füllige Brüste blicken.

„Sie hängen wohl an dem Stück?“

„Ja…hat mich überallhin begleitet. „

Noch etwas erregte seine Aufmerksamkeit, sie hatte ein Goldkettchen um den Hals und an diesem Kettchen war ein Anhänger.

Er musste zweimal hinsehen und es wurde ihm heiß. Das war ein Penis im Kleinstformat! Er konnte deutlich die zwei Kugeln sehen und den steifen Schwanz. Der Anhänger war nicht einmal 2 cm groß, aber, wie konnte eine Schneiderin so etwas tragen? Das ist doch…und der mini Goldschwanz zeigt auch noch genau zwischen ihre Titten!

„Soll ich die Jacke nun richten oder?“

„Äh…. Ja!…. „, brachte er völlig verwirrt heraus und bemühte sich in ihr Gesicht zu sehen.

„Ich habe da auch noch Jeans-Stoff mit, also eine alte Jeans und die können sie doch verwenden, oder, ist auch schon etwas abgetragen und ich dachte, sieht dann auch besser aus!“

„Ja klar! …Sie sind ja ein Kunde, der richtig mitdenkt! “ sie nickte mit dem Kopf und dabei wackelte auch noch der Anhänger. Mittlerweile standen auch ihm Schweißperlen auf der Stirne. Am liebsten hätte er sie direkt angesprochen, aber das traute er sich nicht.

Er hatte in letzter Zeit gutes Geld verdient, er hatte an seinem Köper im Fitneß-Center gearbeitet. Er hätte vor Selbstvertrauen nur so strotzen können, aber beim Thema Sex und Frauen war er wieder der kleine Junge, der den Mund nicht aufbrachte. Er musste unbedingt mit den Gedanken wo anders hin, er durfte sich nicht anmerken lassen, dass ihn diese Frau erregte.

„Wissen sie meine Oma war auch Schneiderin, also Hobby Schneiderin, die kannte sich aus mit Stoffen!“ Tausend Dinge wären ihm dazu noch eingefallen.

Die Oma war auch erz-konservativ, streng, manchmal bissig und sobald auch nur ein Busen nackt im Fernsehen war, wurde die Flimmerkiste sofort abgedreht. „Kinder das dürft ihr nicht sehen!“, keifte sie dann. Marsch, Marsch ins Bett, lautete die Devise dann, und beten nicht vergessen! „Jesu-Kindlein komm zu mir, mach ein braves Kind aus mir!“…Mein Gott, was war das für ein Leben in der Provinz?!

„Aha! Aber das Nähen hat sie ihnen nicht beigebracht?! ….

Wär ja auch komisch für einen Mann“, lachte sie.

„Ein bisschen Nähen kann ich…aber nur mit der Hand!“, entgegnete er.

Jetzt war sie es, die ihn musterte. „So, so mit der Hand…und was können sie sonst noch so?“ fragte sie neugierig, beinahe schon etwas frech. „Ich bin Straßenbahnfahrer, oder wie meinen Sie das?“, antwortete er etwas unterkühlt.

Sie schwenkte sofort wieder um auf den Geschäfts-Ton:

„Entschuldigen sie, ich finde es nur seltsam, dass sich ein Mann für die Schneiderei interessiert, ist ein aussterbender Beruf, wissen Sie? Zu mir kommen fast nur noch ältere Damen aus dem Bezirk“, sie drehte sich etwas weg von ihm und legte die Jacke und die Hose auf einen Tisch.

Dann kramte sie aus einer Lade einen Block hervor, wo Zahlen drauf waren. Rot mit der Nummer 369. Einen Zettel steckte sie mit einer Nadel an die Jacke, den anderen schob sie ihm über den Tresen.

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„Lassen sie einfach alles hier, sie werden sehen, ich mache das alles so, dass es gut aussieht…“, gab sie ihm mit einem ernsten Blick zu verstehen.

„Möchten sie keine Anzahlung?“

„Ah ja….. 20 Euro ist das OK?“

Er kramte seine Geldbörse hervor und bemerkte, dass er nur 10 einstecken hatte. Gott wie peinlich!

„Ich äh, …das tut mir jetzt sehr leid!…. ich habe nur Zehn dabei“, seufzte er.

„Schon gut 10 ist auch OK, sie kommen doch wieder oder?“

Während sie das sagte, spielte sie hinten an ihren Haaren herum, öffnete die Haare, um sie gleich wieder mit einem Gummiband enger zu binden.

Wieder wackelte der Anhänger. Was war das nur für eine Frau!? Er war wahrscheinlich nur etwas überreizt. Zu lange schon hatte er keinen Sex mehr gehabt.

„Wie lange wird es denn dauern?“ fragte er.

Sie überlegte, zupfte an ihrer Goldkette. „Ich hab da noch das Kleid für Fr. Siebert zum enger machen, dann den Rock von Fr. Winter und 3 Hosen zum kürzen, ich würde sagen kommen sie am Samstag wieder, aber erst gegen Nachmittag!“

Das war in drei Tagen.

„OK danke! Wiedersehen!“

„Wiedersehen!“

Er verließ die kleine Schneiderei. Beim Hinausgehen sah er in einem Bilderrahmen den Meisterbrief hängen „Sidonie Berger erlangte am 14. 02. 1985 die Meisterprüfung…zur…. Schneiderin…. in roten Lettern. Mehr konnte er nicht lesen. Sidonie, was für ein alter Name! Die nächsten Tage musste er immer wieder an sie denken. Öfter fuhr er mit der Linie 52 an ihrem Geschäft vorbei.

Er träumte sogar von ihr.

Sie lagen am Strand und sie beugte sich über ihn und fragte ihn: „Und was kannst du noch alles?“ Dann küssten sie sich, es war ein schöner Traum und er hatte ein Gefühl im Bauch, als würde er Achterbahn fahren. Er wachte um 4:00 Uhr in der Nacht auf mit einem prallen, steifen Schwanz. Verdammt noch mal. Er wichste seine Latte und dachte an sie. Sie durfte das natürlich nie erfahren. Er war ja kein perverses Schwein.

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