Siegfried und Ramona

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© by Helios53, II/2009

Markus Biedermann betrat die Terrasse des Restaurants Seeblick. An einem so herrlichen Augustmorgen wollte er nicht drinnen sitzen. Suchend blickte er sich um. Er war der einzige Gast, obwohl auf einigen Tischen Tassen, Teller und Gläser standen. Das Restaurant hatte also geöffnet. Es fiel ihm ein, dass angeblich viele Morgensportler hier ihr Frühstück einnahmen. Rund um den See führte eine beliebte Joggingstrecke und viele nutzten die Gelegenheit, gleich an Ort und Stelle sich am reichhaltigen Frühstücksbuffet zu delektieren, bevor sie sich auf den Weg zur Arbeit machten.

Markus aber war nicht hier, um sich leiblichen Genüssen hinzugeben, sondern um diesen Tag mit einem Arbeitsgespräch zu beginnen. Seine Sekretärin hatte ihm gestern noch eine SMS gesandt, als er sein Handy während des Abendessens abgeschaltet hatte. **treffen dir seifer morgen 830 rest seeblik** Rechtschreibung war offenbar nicht ihre Stärke, aber dafür hatte er sie ja auch nicht eingestellt. Immerhin war der Inhalt klar, wenn es ihn auch sehr wunderte, warum Seifert ihn so früh am Morgen und noch dazu so weit außerhalb zu sprechen wünschte.

Wenn es nicht um einen wirklich wichtigen Auftrag gegangen wäre, hätte er Seifert in sein Büro gebeten, aber ihn womöglich zu verärgern, konnte er sich nicht leisten. So gut stand seine Firma im Moment nicht.

Na gut, er war zeitig dran und hatte noch rund fünfzehn Minuten, also schnippte er mit den Fingern, um den Kellner auf sich aufmerksam zu machen und nahm ganz rechts unter einem Sonnenschirm am Rande der Terrasse Platz.

Da die Sonne noch recht flach herein schien, konnte er sich genüsslich einem Sonnenbad widmen. Später würde er aber im Schatten sitzen, wenn die Sonne höher stand. Warum kam denn dieser faule Kellner nicht?

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Am anderen Ende der Terrasse bemerkte er eine Bewegung. Sollte Seifert schon da sein? Das wäre ihm eigentlich unangenehm gewesen, denn er wollte die Ruhe an diesem wunderschönen, sonnenwarmen, windstillen Morgen noch ein wenig allein genießen. Er schielte hinüber, da, wo eine breite, kurze Steintreppe vom Parkplatz herauf führte und registrierte, dass eine Frau von unten kam.

Eine junge Frau!

Eine junge und sehr hübsche Frau, wie er mit Wohlgefallen feststellte, die nun ebenfalls an einem Tisch in der Sonne Platz nahm, ihr Gesicht genüsslich den warmen Strahlen darbietend.

Hm, wunderbare Figur, nicht zu mager. Schwarze, lockige Haare, die ihr bis über die Schultern wallten, eine große Sonnenbrille verdeckte zwar ihre Augen, aber er war sich sicher, dass sie grün waren.

Er wünschte sich, dass sie grün waren und er war es gewohnt, dass seine Wünsche in Erfüllung gingen. Ihr Gesicht war länglich und rassig geschnitten, der Teint makellos, soweit er das von seiner Position aus beurteilen konnte. Schöne Sonnenbräune und kein Make-up, wie er erstaunt feststellte, dafür aber riesige Kreolen, die ihr fast bis auf die Schultern hingen. Ob ihre Wimpern echt waren? Wie kam er bloß jetzt auf diese Frage, wo er doch von diesen ebenso wenig zu sehen bekam, wie von den Augen? Er stellte sich lange, dichte Wimpern vor, unter denen heraus sie ihn lasziv anschaute.

Schaute sie her zu ihm? Sonst gab es wohl nichts Interessantes zu sehen. Der See, die Enten, die herum paddelten und gelegentlich eine Runde flogen, um danach platschend wieder auf der ruhigen Oberfläche des Sees zu landen, die paar mickrigen Schmetterlinge, die da drüben um eine blühende Dahlienrabatte wirbelten, waren ja wohl keine echte Konkurrenz für ihn.

Die Dame, unzweifelhaft war sie eine Dame, wenn auch wohl noch kaum über fünfundzwanzig, blickte nicht direkt zu ihm her, aber er war sich sicher, dass sie ihn aus dem Schutz ihrer Brille heraus in Augenschein nahm.

Ob sie wohl sonst auch eine Brille trug? Marion, seine persönliche Sekretärin trug eine Brille und sie sah damit ungeheuer sexy aus, fand er. Immer musste er sich zusammenreißen, wenn sie mit ihrer Brille auf der Nasenspitze ins Chefbüro stöckelte. Gut, sie hatte sonst auch eine Menge Attribute, die er sexy fand, deswegen hatte er sie ja …

„Bitte der Herr, womit kann ich dienen?“, riss ihn der Kellner aus seinen Träumen.

Aufgeschreckt bestellte er ein Frühstück mit Speck und Eiern, Orangensaft, Kaffee, Müsli und gebuttertem Toast. Den Hinweis auf das Buffet im Haus ignorierte er und steckte dem Kellner einen kleinen Schein zu. Dabei nahm er nicht eine Sekunde seinen Blick von Romana. Ja, Romana musste sie heißen, Romana passte zu ihr. Dein Name ist dein Schicksal, oder etwa nicht? Sie sah aus wie Romana, also musste es das Schicksal so eingerichtet haben, dass sie aussah, wie sie nun eben aussah.

Der Name hatte es so bestimmt, das war klar. Oder war es doch eher Romina? Romina wie Romina Powers. Ja, Romina, das war's! Während er noch darüber grübelte, ob Romina oder Romana, trat der Kellner zu ihr, um auch ihre Wünsche aufzunehmen.

***

„Ich nehme einen Espresso und einen Sekt-Orange“, bestellte Ilse Bernhaupt, „und dazu ein Stück Apfelstrudel. “ Sie war im nahen Wald gewesen, um Pilze zu suchen.

Nur der frühe Vogel fängt den Wurm und nur in aller Frühe hatte man eine Chance, noch einen guten Fund zu machen. Schon um vier Uhr früh war sie aus dem Bett gekrochen und mit ihrem alten Fiat auf den Parkplatz beim Restaurant gefahren. Gerade hatte die Dämmerung begonnen gehabt, die beste Zeit zum Pilze suchen. Gut drei Stunden war sie durch taunasse Jungwälder gepirscht, hatte Hexenringe systematisch im Umkreis abgesucht, Moospolster gelüftet und immer wieder den Duft des Waldes in ihre Nüstern gezogen, war ihrer Nase gefolgt, wenn ihr wieder einmal so schien, als rieche es nach Pilz.

In der Tat hatte sie gute Beute gemacht. Sie war keinem anderen Pilzjäger begegnet, hatte daher ihr Suchrevier mit niemandem teilen müssen. Kurz nach acht war sie mit schweren Säcken wieder bei ihrem Auto gewesen, hatte sie in den Kofferraum geladen, den leichten, nun fast durchnässten Anorak ausgezogen und sich dann vorsichtig umgeschaut. Es war niemand zu sehen gewesen. Auf dem Parkplatz stand nur noch ein anderes Fahrzeug, ein ziemlich großer, dunkelblauer Mercedes.

Bonzenschleuder, hatte Ilse respektlos gedacht, was will denn der hier? Pilze suchte der ganz gewiss nicht.

Nachdem auf dem Parkplatz keine Menschenseele zu sehen gewesen war, hatte sie ihre Leichtbergschuhe, die sie im letzten Urlaub in Tirol erstanden hatte und die sich auch im Wald beim Pilze Suchen hervorragend bewährt hatten, ausgezogen, die feuchten Wollsocken gleich mit und dann auch noch die Jeanshose, die bis über die Knie hinauf nass geworden war vom tauigen hohen Gras auf den Waldlichtungen. Ilse war in Flip Flops geschlüpft, obwohl sie wusste, dass sie damit nicht wirklich ans Steuer sollte, aber die Verlockung, die heißen, nassdampfenden Socken und Schuhe los zu werden und die nackten Zehen auszulüften, war einfach überwältigend gewesen.

Sie hatte beschlossen, ohne Hose heim zu fahren. Ihr Shirt war lang genug, um als Minikleid durchzugehen und abgesehen davon, dass ihr zu Hause auf dem Weg von der Tiefgarage zu ihrer Wohnung im Lift kaum jemand um diese Zeit begegnen würde, konnte sie ihre langen schlanken Beine bedenkenlos herzeigen. Also hatte sie sich das lange, aber ein wenig enge T-Shirt/Minikleid über die Hüften hinauf geschoben und war hinter das Steuer geglitten. Zünden und ab nach Hause.

Pilze putzen, dann kochen. Florian und Isabella, ihre fünfjährigen Zwillinge würden sich freuen, wenn sie mittags von der Oma nach Hause kämen. Sie liebten Pilze.

Verdammt! Die Scheißkarre sprang nicht an! Nichts hatte sich gerührt, als Ilse den Schlüssel drehte. Bald war es ihr gedämmert, dass sie wohl vergessen hatte, das Licht auszuschalten. Als sie daheim weggefahren war, war es noch stockdunkel gewesen, aber bei der Ankunft am Parkplatz schon so hell, dass sie an das Licht nicht mehr gedacht hatte.

Die Batterie war sowieso schon mitgenommen gewesen, jetzt war sie womöglich ganz im Eimer. Scheiße, Scheiße, Scheiße. Dabei hatte der Tag doch so gut angefangen. Ilse, lass dich nicht unterkriegen, ruf den Pannendienst, dann wird alles wieder gut. Zeit hatte sie ja genug. So zückte sie also ihr Handy und tippte den Notruf.

Startprobleme? – Aha, Licht brennen lassen! – Wo? – Oh, so weit draußen! – Ja, natürlich kommt ein Pannenfahrer.

– Selbstverständlich, aber es wird dauern, Urlaubszeit. — Ja, auch Pannenfahrer machen Urlaub. – Spätestens in einer Stunde….

Ilses Zorn war schon bald verraucht gewesen, sie hatte angegeben, auf der Terrasse des Restaurants Seeblick warten zu wollen und war wieder aus dem alten Fiat gestiegen. Noch einmal hatte sie den Kofferraum geöffnet und in einem Altkleidersack gewühlt, der dort schon eine Weile auf seine Ablieferung bei der Caritas wartete. Ha! Da war es ja, das alte Sommerkleid, das ihr nach der Geburt der Zwillinge ein klein wenig zu eng geworden war.

Außerdem erinnerte es sie zu sehr an Gunter, den Vater, der sich ob des doppelten Kindersegens rasch verkrümelt hatte. Immerhin zahlte er pünktlich und gar nicht so wenig. Er verdiente ja auch gut. Aber jetzt, hatte sie gefunden, jetzt könnte sie doch noch einmal das Kleid, das ihr Gunter zum neunzehnten Geburtstag geschenkt hatte, anprobieren. Noch einmal hatte sie sich aufmerksam umgesehen, dann rasch das Shirt über den Kopf gezogen und das Bustier gleich mit.

Jetzt war sie sicher, dass sie nicht beobachtet wurde, denn wenn sie ein Mann so gesehen hätte, nur mit einem Höschen bekleidet, er hätte gar nicht anders gekonnt, als anerkennend zu pfeifen. Zumindest hatten das alle Männer so gehandhabt, die sie so oder ganz nackt gesehen hatten, denn prüde war sie nie gewesen, hätte sich auch hier keinesfalls geniert, aber dennoch keine Lust verspürt, sich eventuellen Annäherungsversuchen auszusetzen.

Das alte Sommerkleid passte wie angegossen.

Ihre Nippel pressten sich aufstrebend gegen den dünnen Stoff. Musste das jetzt sein? Schon wieder brach sich ihre exhibitionistische Leidenschaft Bahn. Ilse hatte sich schnell völlig auf die Natur und das bevorstehende Frühstück konzentriert, um ihre aufwallende Lust nicht deutlich nach außen sichtbar zu machen. Darum hatte sie sich auch soweit weg wie möglich von dem Herren platziert. Der Bonze wahrscheinlich, dem der Mercedes gehörte.

Der Bonze, den sie jetzt durch ihre große Sonnenbrille, die sie Gott sei Dank noch im Handschuhfach gefunden hatte, aufmerksam, aber unauffällig beobachtete.

Was sie sah, gefiel ihr. Groß, schlank, sportlich, gut gekleidet mit heller Hose und strahlend weißem Hemd, die Krawatte leicht gelockert, das Jackett sauber gefaltet über der Lehne des daneben stehenden Stuhles. Ebenmäßiges, markantes Gesicht, glatt rasiert und nur leicht gebräunt. Der kam wohl nur selten aus seinem Büro heraus. Was machte der eigentlich an diesem Mittwochmorgen hier auf der Terrasse. Saß da in der Sonne, statt in seinem Büro. Aber eigentlich ganz nett anzusehen.

Schon etwas älter, so um die vierzig, aber noch schön blond und mit vollem Haar, kurz geschnitten. Ein richtiger Siegfried. Ja, Siegfried, so musste er heißen! Siegfried wurden vor 40 Jahren noch viele Neugeborene genannt. Wenn sie noch einen Sohn bekäme, könnte sie ihn auch Siegfried nennen, obwohl zu erwarten war, dass auch ihr zweiter Sohn schwarze oder zumindest dunkle Haare bekäme und zu dunklen Haaren passte Siegfried absolut nicht. Ein Siegfried musste blond sein.

Wie kam sie jetzt überhaupt darauf, sich einen zweiten Sohn vorzustellen? Hatte sie denn mit dem Zwillingspärchen nicht genug? Nochmal ein Kind? Noch ein Sohn? Dazu brauchte man schließlich, wenn auch zu sonst nichts, immer noch einen Mann. Und sie hatte keinen Mann. Gut, Männer schon, hin und wieder, aber keinen Mann! Keinen Ehemann, keinen Verlobten, keinen Lebensgefährten, nicht einmal einen Freund. Der eine Mistkerl hatte ihr gereicht. Ewige Liebe, gemeinsam alt werden, hemmungslose Lust.

Und dann war sie schwanger geworden und aus war es mit der ewigen Liebe. Ha! Knapp zwei Jahre hatte sie gedauert. Knapp zwei Jahre dauert die Ewigkeit! Dann war er auf und davon und hatte sich plötzlich besonnen, dass er ja verheiratet war und schon drei Kinder hatte, in Wien.

Ob Siegfried wohl auch verheiratet war? Ilse schärfte ihren Blick, drehte ihren Kopf leicht nach oben, als blicke sie einer Schwalbe nach, tatsächlich aber, um unter der Sonnenbrille heraus seine Hände in Augenschein zu nehmen.

Kräftige, gepflegte Hände, das stellte sie gleich fest. Hände die zupacken konnte, Hände, die sich gut anfühlen würden, wenn sie ihr Gesäß fest an den robusten Heldenkörper pressten, die sie dulden könnte, wenn sie über ihren Leib streichelten und ihre Brüste …

Ilse rief sich zur Ordnung. Ehering! Trug er einen Ehering? Aber so sehr sie auch auf ein verräterisches Blinken in der Sonne achtete, die Entfernung war einfach zu groß.

Nur einen ausgesprochen protzigen Ring hätte sie mit Sicherheit ausmachen können. Aber das würde sich noch herausstellen. Sie war sich sicher, dass Siegfried sie bereits im Visier hatte. Alles Jäger, die Männer und Frauen ihre Beute. Ha! Der würde sich noch wundern, wer da Jäger und wer Beute war. Sie rückte ein wenig in ihrem Sessel, um ihre Brüste besser zur Geltung kommen zu lassen, gleichzeitig rutschte der Saum ihres guten, alten Sommerkleides ein bisschen weiter den Oberschenkel hinauf.

Ging das noch als schicklich durch? Billig wollte sie natürlich nicht wirken, obwohl das – es durchfuhr sie ein kleiner, peinlicher Schrecken – mit den Gummilatschen an den Füßen gar nicht so einfach war. Verstohlen schlüpfte sie heraus und schob sie ein wenig hinter sich. Ihre schlanken, Füße mit den frisch lackierten Zehennägeln wirkten nackt eleganter als mit diesen labberigen Strandsandalen.

Ilse war sich bewusst, dass sie ein Bild zum Anbeißen bot, das hatten ihr schon viele Männer als Kompliment in die Ohren geblasen.

Und sie hatte nur gelacht, ein einnehmendes Lachen und auch jetzt ließ sie ein geheimnisvolles Lächeln ihren Mund umspielen. Worauf wartete der Kerl eigentlich?

***

‚Der Kerl‘ wartete auf Direktor Seifert, aber der hatte sich wohl verspätet. Dafür kam der Kellner mit dem Frühstück und setzte das volle Tablett am Nebentisch ab, um Markus gekonnt die Eier, den Orangensaft und ein Kännchen Kaffee zu servieren. Frisch getoastetes Brot stellte er in einem Bastkörbchen vor ihn hin und verschwand lautlos.

Dennoch hatte er Markus schon wieder aus seinen Gedanken gerissen. Aus ausschweifenden, immer mehr ausschweifenden Gedanken. Die Dame am Tisch dort drüben beobachtete ihn und sie fand ihn sympathisch. Das war klar, das spürte er einfach. Er würde aber ein deutliches Zeichen abwarten, zur Not auch eines missverstehen und zu ihr hinüber gehen, würde eine geistreiche Bemerkung machen und sie an seinen Tisch bitten, eine Flasche Champagner ordern und sie dann zu einer Bootsfahrt einladen.

Konnte eine offensichtliche Naturliebhaberin so einem Angebot widerstehen, wenn es von einem Mann wie ihm kam? Das konnte er sich einfach nicht vorstellen. Und dann auf dem See, wenn die Sonne sie erwärmte, würde er sein Hemd ausziehen und so im Genuss der Sonnenstrahlen auf der nackten Haut schwärmen, dass sie auch ihr Kleid über den Kopf streifen und ihm ihre perfekten nackten Brüste darbieten würde. Und er …

Genau in diesem Moment war der Kellner mit dem Frühstück gekommen und während er Spiegelei mit Speck — hatte er denn nicht Rührei bestellt, verdammte Schlamperei? — verzehrte und mit Orangensaft nachspülte, versuchte er, gedanklich wieder anzuschließen.

Wie war das? Wie würde das sein? Ach ja, sie hatte ihr Kleid abgestreift und ihre nackten Brüste … Trug sie denn keinen Büstenhalter? Das war eine interessante Frage. Markus fasste sie unauffällig fester ins Auge, insbesondere ihre Brustpartie. Eine sehr schöne Brustpartie, ein verführerisches Dekolletee, aber keine Halskette. Würde sie sich doch nur ein wenig mehr zu ihm her drehen, dann könnte er eventuell sehen, ob sich ihre Nippel – ihre harten, großen Nippel! – ungehindert durch den dünnen Stoff pressten.

Natürlich waren ihre Nippel hart und aufgerichtet. Schließlich bewunderte sie ihn schon eine ganze Weile und dachte dabei wahrscheinlich an heiße Umarmungen, an Küsse, an seine kräftigen Hände, die sie packen und kneten, an seinen Schwanz, der sie ficken …

Markus gebot sich Einhalt. Er konnte hier nicht derartigen Gedanken nachhängen. Dann kam womöglich Seifert und er stöhnte wollüstig vor sich hin und rieb seinen Lümmel unter dem Tisch. Das konnte er nun wirklich nicht brauchen, nicht hier, nicht heute.

Andererseits war hier und heute Romina in greifbarer Nähe und sie war geil auf ihn, das wusste er. Romina? War es denn nicht Romana gewesen? Plötzlich durchzuckte ihn die Erkenntnis. Ramona! Ja, das war es nun endgültig! Ramona. Er ließ sich den Namen auf der Zunge zergehen. Auch sein Freund in der Hose schien mit dem Namen einverstanden und salutierte. Ah, das würde eine wilde, leidenschaftliche Affäre werden. Markus nahm noch einen Schluck Orangensaft und dann den Kaffee in Angriff.

Neuerlich arbeitete er an der Frage, ob Ramona einen BH trug oder nicht. Konnte sie sich nicht wenigstens einmal etwas stärker bewegen. Aus den federnden Bewegungen des Busens bei einer Bewegung des Oberkörpers konnte ein Kenner wie er untrüglich schließen, ob eine junge Frau einen Büstenhalter trug oder nicht. Frauen, bei denen das keine Frage mehr war, interessierten ihn sowieso nicht.

Seine Uhr piepste und es war acht Uhr dreißig.

Wo blieb der verdammte Seifert. Wenn er jetzt gleich kam, könnte er vielleicht zu einem raschen Abschluss kommen und diesen an Ort und Stelle mit Ramona feiern. Er gab ihm noch zehn Minuten. Wenn Seifert bis dann nicht käme, würde er sich ganz der jungen Dame widmen, Auftrag hin oder her. In zehn Minuten war er auch mit seinem Frühstück fertig. Ohne seine Augen von Ilse Bernhaupt alias Ramona zu nehmen, schaufelte er Eier, Speck und Toast in den Mund, trank Kaffee und taxierte dabei ihre Brüste.

Eine gute Handvoll, wie ihm schien. Er liebte das. Nicht zu füllig, aber doch ordentlich was zum Knuddeln. Größer als Äpfel, aber kleiner als Melonen, Honigmelonen selbstverständlich, von herrlich praller, runder Form, wie Avocados. Ja, Avocados, genau das war es. Fest und glatt, trotzdem weich und von köstlichem Geschmack. Warum hatte er eigentlich zum Frühstück keine Avocados bestellt? Er musste jetzt unbedingt welche haben und er schnippte wieder nach dem Kellner.

***

Was macht er denn jetzt? Will er womöglich zahlen? Und sie allein lassen? Sie nicht mit irgendeiner raffinierten Anmache erobern wollen? Hatte sie womöglich den Bogen überspannt, sich zu offen angeboten? Jetzt kam auch noch der Kellner, nachdem er endlos getrödelt hatte mit ihrem Frühstück.

Was sollte sie mit dem Frühstück? Sie wollte jetzt nicht essen, sie wollte diesen Siegfried, sie wollte ihn verführen, sie wollte sich von ihm verführen lassen, egal wie! Sie wollte küssen und gestreichelt und dann, endlich wieder mal, ja, dann wollte sie gefickt werden. Was sollte sie andere Worte suchen, sie schrie es ja nicht über die Terrasse, obwohl ihr fast danach war. Komm her zu mir, Hüne, Siegfried, Mann! Komm her und nimm mich.

Nimm mich im Wald, unten im Schilf oder auf einem Boot!

Es wäre der helle Wahnsinn und es würde der helle Wahnsinn. Er würde kommen, er musste kommen, er würde ihr Gesicht in beide Hände nehmen, seine beiden starken, gepflegten Hände, würde sich zu ihr hinab beugen und seine Lippen ihrem Mund nähern … Hätte sie doch eher Lippenstift auftragen sollen, nicht nur Balsam gegen Austrocknung? Würde er denn …? Ja doch! Er wird sie küssen und ihre Zungen werden verschmelzen und er wird sie auf Händen tragen und auf einer Waldlichtung auf das weiche Gras legen … Und die Ameisen würden in ihr Höschen kriechen, was Ilse hasste und sie zwicken! Nein, keinesfalls ins Gras, schon gar nicht ohne Decke, nicht einmal mit Siegfried!

Was war denn nun? Er hatte nicht bezahlt, er hatte noch etwas bestellt.

Traute er sich denn nicht zu ihr? War er womöglich schüchtern oder war er ein Eisblock? Ilse beschloss, die Gangart etwas zu verschärfen.

***

Markus hatte inzwischen sein Ei verzehrt, den Kaffee getrunken und wartete auf seine Avocado. Mit Salz und Zitrone, auf Toast natürlich. Danach würde Ramona auch mit ihrem Apfelstrudel fertig sein und er könnte sie einladen, mit ihm den herrlichen Tag zu feiern. Mit Champagner vom Feinsten, mit Kaviar auf Eis.

Ja, das würde er investieren. Ramona war es wert, mehr wert sogar, sein Kennerblick trog ihn da fast nie. Er würde mit ihr über den See rudern, er würde seine Brust entblößen, sie würde sich entkleiden, er würde eine verschwiegene Bucht ansteuern … Er kannte sich zwar an diesem See nicht aus, aber es musste doch eine verschwiegene Bucht geben. Dort würde er Anker werfen und seine holde Maid …

Was dachte er denn da für Blödsinn? Anker werfen bei einem Ruderboot! Holde Maid? Jedenfalls, auch ohne Anker, sah er sich, wie er seine muskulösen Arme ausbreitete und sie sich in diese warf.

Er sah, wie sie seine Hose aufknöpfte und seinen prallen Penis befreite. Er sah, wie sie ihn mit Zunge und Mund verwöhnte, wie er ihr den klitschnassen Slip auszog …

Ob sie wohl überhaupt einen Slip trug? Die Vorstellung, dass sie keinen tragen könnte, machte ihn irrsinnig geil. Nervös rutschte er auf seinem Stuhl herum. Er konnte ja hier nicht gut seinen Hosenstall aufmachen und seinen Kobold entweichen lassen. Zum Glück kam in diesem Augenblick der Kellner mit der Avocadofrucht auf einem Silbertablett.

Leider war sie schon halbiert und der Kern entfernt worden. Markus hätte es besondere Lust beschert, diese Busenfrucht mit dem scharfen Messer zu teilen und den Kern auszuhebeln.

***

Was hatte er denn da bestellt? Eine halbe grüne Kokosnuss? Nein, Avocados. Dachte denn der Kerl nur ans Fressen? Aber es war gut, dann hatte er hoffentlich Substanz. Ilse drehte sich nun ein wenig ihm zu, ließ die Beine, die langen, schlanken, sonnengebräunten, nackten Beine ausgestreckt und spreizte sie leicht.

Sie spießte ein Stück Apfelstrudel auf, tunkte es in Schlagrahm und führte es zum Mund. Genießerisch leckte sie am Schlag, mit halboffenem Mund und rotierender Zunge. Auch deine Sahne will ich genießen, sagte ihre Körpersprache. Deutlicher ging es wohl nicht mehr. Das Stückchen Apfelstrudel verschwand im Mund, die Zunge umkreiste das Lippenrund, leckte auch die winzigsten Sahnereste auf. Noch ein Stückchen, noch eine Ladung Schlagrahm…

***

Das war ein eindeutiges Zeichen! Markus wurde es ganz warm ums Herz.

Endlich hatte sie ihre eisige Zurückhaltung aufgegeben, wenn auch nur ein wenig. Aber sie hatte sich eindeutig ihm zugewandt, da gab es nicht länger auch nur den geringsten Zweifel. Wie sie den Apfelstrudel mit Schlagrahm dekorierte und mit der Zungenspitze ableckte, das hatte Klasse, ganz geile Klasse. Ein Klasseweib und bald war sie sein. Oh, oh, oh! Wie sie den Mund noch leicht geöffnet und die Zungenspitze sehen ließ, die Lippen leckte und ihn unverwandt ansah, trieb seinen Blutdruck in die Höhe und das Blut in seine Schwellkörper.

Er rückte etwas zur Seite. So kam sein Profil noch besser zur Geltung, seine Schokoladenseite, obwohl er kein Süßer war. Ein richtiger Kerl ist nicht süß, fiel ihm ein, eher herb. Herb, wie ein Herrendeodorant, wie Rasierwasser von Boss. Aber sie würde niemals Süßer zu ihm sagen. Das würde sie nicht tun, denn er hasste es. Hasste es wie die Frau, die er einmal geliebt und geheiratet hatte. Sie hatte Süßer zu ihm gesagt und er hatte es geduldet, zumindest am Anfang.

Wie würde Ramona ihn nennen? Markus? Mark? Er entschied sich für Mark, das klang männlicher. Oder Tarzan? Tiger? Mark oder Tiger, das war ihm egal, Tarzan lieber doch nicht, das wirkte infantil, uuah-uuahuuh.

Nimm mich, Mark, oh ja, fick mich, Tiger, würde sie ihm ins Ohr hauchen, dort in der einsamen Badebucht am See, nachdem er ihr die Kleider vom Leib gerissen hatte. Und dann würde er sich auf sie stürzen, ihre Beine spreizen und in sie eindringen mit einer gewaltigen Erektion und sie würde wimmern vor Geilheit und ihre Lust hinausschreien.

Immer heftiger würde er in sie hineinstoßen und sie würde kommen und wimmern und kommen und wimmern. Bis zur Bewusstlosigkeit würde er sie ficken als Ersatz für diesen erbärmlichen Seifert, der ihn einfach versetzt hatte. Gott sei Dank versetzt hatte, sonst wäre ihm womöglich diese Göttin durch die Lappen gegangen, die nun so intensiv und unverhohlen zu ihm herschaute, eine Hand in den Schoß gelegt und mit einem Finger …

Was tat sie mit dem Finger? Sie würde doch nicht? Oh mein Gott!

***

Ilse würde nicht nur, sie tat es.

Die Vorstellung, wie der blonde Hüne, ihr Siegfried, sie packte und auszog, ihre Schenkel spreizte und seine Zunge in ihrer Spalte versenkte, machte sie heiß. Ihre Hand wanderte in den Schoß und ihr Finger tastete nach ihrem Kitzler, fand ihn, rieb ihn, liebkoste ihn. Warum hatte sie ihr Höschen nicht auch gleich im Wagen gelassen? Jetzt war es nass und störte nur noch. Aber hier konnte sie es nicht einfach ausziehen, oder doch? Was würde er von ihr denken, wenn sie vor seinen Augen den Slip herunter zog und heraus stieg? Andererseits hatte er sie schon mehrfach mit seinen Augen vollständig nackt ausgezogen.

Er glaubte zwar, dass sie das nicht merkte, aber hallo! So dumm war sie nicht, nur Männer konnten so etwas glauben. Sollte sie es wagen? Was konnte schlimmstenfalls passieren? Dass er flüchtete oder das Interesse an ihr verlor. Das wäre schon sehr bedauerlich, aber Ilse zweifelte schon, ob sie den Eisblock wirklich zum Schmelzen bringen könnte. Wenn er aber merkte, dass sie praktisch nackt auf der Terrasse saß, dass nur ein Hauch von Sommerkleidchen zwischen ihm und der lockenden Frucht der Lüste lag, wenn der laue Morgenwind den Duft ihrer aufnahmebereiten Grotte zu ihm hin …

Frisch gewagt ist halb gewonnen! Sie schenkte ihm ihr bezauberndstes Lächeln, rückte mit dem Stuhl so, dass sie ihm den Rücken zuwandte und dabei gleichzeitig ihr Kleid fast bis zu den Hüften hinaufschob, lüpfte kurz den Hintern und schwupp! …

Auf den Parkplatz bog knatternd ein Moped ein, kam knirschend zum Stehen.

Schnelle Schritte näherten sich, trabten auf die Terrasse. Ein schneller Blick. Ein junger Mann, fast noch ein Knabe, nicht interessant.

Was tat Siegfried? Saß da und starrte Löcher in die Luft. Er wirkte irgendwie benommen, als hätte er glasige Augen und nähme seine Umgebung nicht wirklich wahr. Von Kaffee und Orangensaft konnte das wohl kaum kommen.

Ilse beobachtet fasziniert und nahm ihr kurz unterbrochenes Fingerspiel wieder auf.

Ach, tat das gut und von jedem Hauch Textil befreit, jubilierte ihre Kleine. Aber das war gar nichts gegen die Wonnen, die sich Ilse ersehnte. Mit Siegfried ersehnte, wenn seine grandiose Zunge durch ihre Furche pflügte, wenn sein martialischer Pfahl in sie eindrang, sie weitete, sie wuchtig ausfüllte, wieder und wieder und immer wieder …

Ilse rieb und kreiste immer stärker und schneller, hauchte einen Stoßseufzer in den perlenden Sommertag: Komm endlich und nimm mich, entführe mich, verführe mich.

Liebe mich!

***

Lieber Himmel! Sie hatte tatsächlich ihr Höschen ausgezogen und unter ihrem Sitz versteckt. Ihr Kleidchen war fast an die Grenze der Unschicklichkeit hinauf gerutscht, ihre glatten Schenkel glänzten gewagt im Sonnenlicht, der dünne Stoff spannte ein wenig über ihrem köstlichen Leib. Fast vermeinte er, ihre Nippel deutlich zu erkennen, die wie kleine Geschoße in seine Richtung zielten. Die Rundungen ihres begnadeten Körpers traten plastisch hervor, er ahnte ihren Bauchnabel, ihren Schoß, ihre Schamlippen, ihr Wollustknöpfchen, das sie nun ungeniert und heftig mit kreisenden Bewegungen rieb.

Sein Atem ging heftig, sein Blut wallte und sein Schwanz tobte gegen das Gefängnis seiner Hose, tobte mit Macht und aller Härte. Sein Saft stieg mit Hitze wie Lava …

Oh Gott, nein! Nicht jetzt! Nicht in die Hose! Das musste er um jeden Preis verhindern, wie stand er denn sonst da, wenn er zu ihr ging, vor ihr stand, vor seiner Ramona, sie einlud und mit sich nahm, sie ins Paradies entführte? Mit befleckter Hose! Das ging auf keinen Fall! Er sprang auf und stieß fast mit einem jungen Mann zusammen, der wie aus dem Nichts auf einmal direkt vor ihm stand.

***

Nein, nein, nein! Das war unmöglich, das durfte nicht sein, das konnte ihr nicht passieren! Ilse war erschrocken, entsetzt, enttäuscht, geradezu schockiert. Nicht ihr Siegfried!

Der Kerl war schwul, ohne jeden Zweifel! Das erklärte alles, sein Desinteresse, seine Gelassenheit, seine Immunität gegen ihren Sex Appeal, einfach alles.

Sein Lustknabe war gekommen und zu ihm hin getreten und er war aufgesprungen um ihn willkommen zu heißen.

Da hatte sie deutlich gesehen, dass er dabei einen riesigen Ständer bekommen hatte. Einen Ständer zur Begrüßung seines jugendlichen Liebhabers! Und sie hatte sich vor ihm aufgeführt wie eine läufige Hündin, hatte sich angebiedert, ihm ihre Wollust geopfert, ihn begehrt …

Ilse warf ernüchtert einen Zwanziger auf den Tisch und flüchtete. Auf den Pannendienst wollte sie lieber im Auto warten.

***

„Herr Doktor Biedermann?“, fragte der junge Mann schüchtern.

Als Markus noch leicht benebelt vom abrupt gestörten Rausch der Sinne dies bejahte, fuhr der Bursche fort: „Ich heiße Andreas und bin seit zwei Wochen ihrem Sekretariat als Assistent zugeteilt. Frau Marion versuchte sie dringlichst seit heute Morgen zu erreichen, aber ihr Handy hatte offenbar keinen Empfang. Sie bedauert, dass sie ihnen eine falsche Zeit durchgegeben hat. Es wäre achtzehn Uhr dreißig gewesen, nicht acht Uhr dreißig. Aber das ist leider nicht die wirklich schlimme Nachricht.

Seit heute acht Uhr ist die Steuerfahndung in der Firma und durchsucht alles. Sie wollen sie ganz dringend sprechen. Da hat mich Frau Marion geschickt, dass ich ihnen sage …“

*****

Markus hört schon nicht mehr hin. Was für ein Tag! Benommen tappt er zur Treppe, verfolgt von Andreas und dem Kellner, der anklagend „Mein Herr! Möchten sie bitte bezahlen?“, fragt und sich dankbar bückt, als Markus einen Fünfzig-Euro-Schein aus dem Portemonnaie zieht und achtlos fallen lässt.

Beim Hinausgehen bemerkt er das feuchte Höschen, das Ilse liegen gelassen hatte. Geistesabwesend nimmt er es an sich, stopft es in seine Hosentasche und steuert seinen Wagen an. So schön hatte der Tag begonnen. Und nun ist alles beim Teufel. Sein Liebesabenteuer, seine Firma, sein Leben. Und alles was bleibt von diesem bitteren Tag ist ein nasses Damenhöschen in seiner Hosentasche.

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