Tiroler Bergsilvester 02: Vertrieben

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© helios53 I/2012

Das schlug doch dem Fass den Boden aus der Krone! Da verlustierte sich ihr lieber Gatte ausgerechnet mit Sigrid und Bettina, diesen Schlangen, die sich nicht gemeldet hatten, als sie von Michaela so dringend gebraucht worden wären.

Gerade vor kurzem noch hatte sie ihn bedauert. Und nun das!

Michaela explodierte, verwandelte sich in Michael den Erzengel und griff mangels Flammenschwert zum Reisigbesen, der in der Ecke lehnte.

„Frostschutz?!“, schrie sie und schwang den Stiel. In der Enge der Schlafkammer wurde er jedoch von der Dachschräge abgelenkt und krachte auf den Fußteil des Bettgestells. Sigrid nutzte die Gelegenheit geistesgegenwärtig und flüchtete hinter Michaela vorbei und durch die Tür. Polternd hörte man ihre nackten Füße auf der Treppe. Bettina schnappte sich gegen jede Logik das Federbett, anstatt sich aus der bedrohlichen Nähe der rasenden Michaela zu entfernen. Wieder holte diese aus und drosch auf das verbliebene, schreckensbleiche Duo ein: „Frostschutz? Ich geb‘ euch gleich Frostschutz, ich werd‘ euch einheizen!“

Nun konnte Bettina die erbeutete Tuchent doch nutzbringend anwenden und die Wucht der Schläge mildern.

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Als sich Michaela auf ihren untreuen Ehegatten konzentrierte, gelang auch ihr die Flucht. Entschlossen warf sie das Federbett über Michaela. Bis diese sich davon frei gemacht hatte, war Bettina schon kreischend aus der Tür. Auch Rudi hatte die Gelegenheit genutzt und war hinter seine Angetraute gesprungen, um sie hinterrücks zu packen. Doch so leicht war die nicht zu fassen. Sie wirbelte herum und aus der Drehung heraus bekam Rudi den nächsten Hieb auf den Hintern.

Gegen die rasende Berserkerin war Rudi hilflos und so suchte auch er das Weite. Michaela hätte ihn die Treppe hinunter geworfen, wenn er seiner flammenden Göttin nicht in letzter Sekunde die Tür vor der wutroten Nase zugeworfen und damit einen minimalen Vorsprung herausgeholt hätte.

Doch so schnell verraucht der Zorn einer betrogenen Ehefrau nicht! Michaela stürmte mit gezückter Waffe hinterher, ihr Busen bebte aus der knappen Halterung, als sie die Treppe hinuntersprang.

Da standen die drei ‚Sünder‘ und wedelten beschwichtigend mit den Armen. „Miko!“, versuchte Sigrid eine Annäherung und bekam postwendend eins mit dem Reisig übergezogen.

„Raus mit euch, geht mir aus den Augen!“, tobte Michaela und Bettina riss die Außentüre auf, während Rudi den nächsten Hieb abbekam. Sie wütete weiter, trieb die drei Verräter, nackt, wie sie waren, bei der Hüttentür hinaus in den Schnee, in die Kälte der alpinen Nacht.

„SO!“, geiferte sie, „jetzt zeig‘ mal, was du als Frostschutz drauf hast, Arschloch!“ Wie ein flammender Cherubim stand Michaela mit gespreizten Beinen im Türrahmen und verschoss Blitze auf die zitternden Sünder. Ein Anblick für Götter, nur war da niemand, der das richtig zu würdigen wusste. Michaela knallte die Tür ins Schloss, sank auf die Eckbank beim großen Holztisch. Da stand eine Flasche Schnaps.

Michaela nahm einen großen Schluck, direkt aus der Flasche.

Mit dem Hochprozentigen schossen Gedanken durch ihr aufgewühltes Gehirn. Erinnerungen an ihre wilde Jugend und wie sie, Partyqueen, Modeltalent und Sportskanone, sich sehenden Auges in das Eheabenteuer mit dem Mädchenschwarm von damals gestürzt hatte. Damals, da war echt die Post abgegangen, wenn sie und ihre Busenfreundinnen bei einer Party gut drauf waren. Ihr Männerverschleiß war legendär. Ohne Neid und ohne Bedenken hatten sie ihre Eroberungen untereinander weitergegeben und danach schamlos deren Vorzüge und Makel durchgehechelt.

Herrliche Zeiten, erinnerte sich Michaela gramvoll. Wohin waren diese entschwunden?

Es hing wohl mit dem Auftauchen des männlichen Pendants zu ihrem Nymphentrio zusammen, beziehungsweise eher umgekehrt damit, dass die drei Mädchen in Studentenkreise aufgestiegen waren. Dort fielen sie den drei Platzhirschen Rudi, German und Ivo natürlich gleich auf. Wer da wen erbeutet hatte, ließ sich im Nachhinein nicht mehr feststellen, jedenfalls waren binnen kürzester Zeit die drei heißesten Junggesellen und die drei schärfsten Bienen vom Markt.

Auf diese Weise hatten sich Rudi, German und Ivo auch endlich kennen und respektieren gelernt, denn zuvor waren sie, anders als Bettina, Sigrid und Michaela, lediglich gefürchtete Konkurrenz gewesen.

Dafür war auf einmal die ‚Zeit des Teilens‘ für die jungen Damen vorbei gewesen. Jede hatte ihren Märchenprinzen gefunden und als Michaela und Rudi als erste den Sprung in die Ehe wagten, hatte keiner dieser Ehe längeren Bestand prophezeit und doch war es fast siebzehn Jahre gut gegangen.

Sehr gut sogar. Bis jetzt. Und nun?

Michaela tat sich schon ein wenig schwer mit dem Denken, dafür war die Schnapsflasche leichter geworden. Mühsam besann sie sich, schob den Schnaps beiseite, sah sich im schwachen Licht, das von oben durch die offenstehende Schlafkammertür drang, um, griff sich eine halbleere Weinflasche und ein anscheinend noch unbenutztes Glas. Blauer Portugieser, Rudis Favorit. Das schob die drohende Volltrunkenheit sicher ein wenig auf. Was blieb ihr schon übrig, angesichts des Desasters, das sich da aufgetan hatte? Michaela hob den Blick zu der urigen Kuckucksuhr, die gerade melodisch ein einzelnes „Kuckuck“ geäußert hatte.

Mein Gott, erst knapp eine Viertelstunde war vergangen!

Sie schenkte sich noch ein Glas ein und nippte, nun recht vorsichtig. Andererseits, sinnierte Michaela, war das vielleicht die Chance, einmal reinen Tisch zu machen. So ganz blütenweiß war ja ihre Weste auch nicht. Ihre Stimmung hob sich ein kleines Bisschen. Vielleicht konnte man die alten Zeiten irgendwie aufleben lassen? Wo blieben denn die anderen? Draußen war es doch arschkalt, die konnten doch nicht nackt da draußen …

Eisiges Entsetzen packte sie.

Waren die drei womöglich schon erfroren? Würde sie steife Körper vor der Hütte finden, von Raureif überzogen? Michaela stürzte zur Tür, riss sie auf. Draußen war es stockfinster, der Mond war hinter einer dichten, schwarzen Wolkenfront verschwunden. „Ruuuuudii! Siiiiigriiiid! Betttiiiiiinaaa!“, schrie sie. Keine Antwort. Sie schnupperte. Rauch! Unwillkürlich trat sie einen Schritt hinaus in den Schnee, zuckte erschrocken über die Kälte an den nackten Sohlen. Mit sattem ‚Blop‘ fiel hinter ihr die Tür ins Schloss.

Michaela drehte sich um. Da war keine Türklinke mehr! Rausgefallen vermutlich, als sie vorhin die Tür zugeschmettert hatte. Panisch suchte sie den Boden ab, fand das Stück, fummelte es ins Loch. Da war das Gegenstück, Michaela zitterte, fand nicht mit dem Vierkantloch den Bolzen, drehte, drückte, schob. Da fiel innen das Gegenstück mit dem Vierkant raus!

Nun war guter Rat teuer. Wie kam sie wieder hinein und zu ihren Kleidern? Nackt nach den anderen zu suchen wäre ja Wahnsinn gewesen! Da fiel ihr die Hintertür ein, bei der sie im Sommer einmal gesammeltes Brennholz ins Holzlager gebracht hatten.

Das ganze Institut war damals im Einsatz gewesen. Und vom Holzlager kam man natürlich auch in die Stube. Der Sinn der Sache war ja, dass man, um Nachschub für den Ofen zu holen, eben nicht bei Nacht und Nebel aus der Hütte hinaus musste.

Energisch stapfte Michaela los, versuchte die Kälte, die von ihr Besitz ergriff, zu ignorieren, auch wenn der eisige Pulverschnee schon bis an ihre Knie reichte. Der genossene Schnaps und der Blaue Portugieser, gepaart mit der Wut über ihre eigene Dämlichkeit, sich nackt auszusperren, heizten hilfreich von innen.

So bog sie um die letzte Ecke und versank plötzlich bis zum Bauchnabel im Schnee. Sie ahnte es mehr, als sie es sehen konnte. Die Hintertür war bis zur Oberkante zugeweht. Und ihre Muschi fror. Und wie sie fror!

Glücklicherweise realisierte sie wieder den Rauch. Die Saunahütte! Da drin steckten die anderen! Michaela fegte zwanzig Meter durch den Schnee, riss die Saunatür auf und ließ sich aufatmend zwischen die bedrückt dreinschauenden Übeltäter fallen.

Die Hitze traf sie wohlig wie ein dampfendes Badetuch. Sie warf alle Bedenken über Bord und ihren eisigen Leib auf Rudi, der entsetzt zusammenzuckte. „Wärmt mich!“, forderte sie knapp. Sigrid und Bettina tasteten vorsichtig.

„Oh, mein Gott!“, stieß Sigrid aus, als ihre Hand die linke Pobacke von Michaela berührte.

„Was wird das jetzt?“, wollte Bettina wissen.

„Alle für eine!“, beschwor Michaela die ‚alten Zeiten‘.

Dem wollten sich die beiden Angesprochenen nicht entziehen und legten ihre heißen Körper über die Halberfrorene. „Und wie kommen wir zu der Ehre, plötzlich daran erinnert zu werden?“, hakte Bettina spöttisch nach.

Michaela grinste. „Der Anlass ist zwar ungeplant und durchaus heftig, aber eine bessere Gelegenheit, reinen Tisch zu machen, kriegen wir nicht mehr. Ich denke, jetzt sind wir quitt, denn ich habe auch schon mit euren Männern gevögelt!“.

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